laut.de-Kritik
It's all the same. The same sauce. The soft sauce.
Review von Joachim GaugerDie Idee ist nicht ganz neu und unglaublich wirkungsvoll: Man nehme einen Hit aus den achtziger Jahren, als die Zielgruppe sich noch in der Vorschule tummelte, und übergibt ihn einem erfahrenen Produzenten. Der steckt ihn darauf hin ins neueste Soundgewand; jetzt fehlt nur noch ein populärer Sangeskünstler am Mikrofon - fertig ist der Hit. Puff Daddy lässt grüßen.
Und wenn sich gerade jener Sean "Puffy" Combs und darüber hinaus noch Rap-Urgestein Ice-T als fanatische Phil Collins Fans outen, was läge da näher, als sich dessen Hits zu schnappen und oben genanntes Rezept ein weiteres Mal zur empfohlenen Anwendung zu bringen. Am Ende steht dann "Urban Renewal feat. The Songs Of Phil Collins", ein 15 Tracks umfassendes sog. Tribute-to-Album.
Das Line up lässt R'n'B Herzen sicher höher schlagen: Lil´Kim, Kelis, TQ, Coko, Ol'Dirty Bastard (ja wirklich, der exzellente Vollfreak aus Wu-town), Brandy J (in kongenialer Zusammenarbeit mit Bruder Ray) und eine Reihe weiterer Vertreter der Musik, die innerhalb der etwas jüngeren Hörerschaft gerne als Soul missgedeutet wird, kommen da zum Zuge. Dazu gesellen sich u.a. die Produzenten Guy Roche, Malik Templeton, Justin Trugman und Shep Crawford. Es sind also Profis am Werk.
Und so klingt "Urban Renewal " denn auch: sehr professionell. Alle Titel wurden konsequent zu R'n'B Songs gemorpht, die Produktion ist erstklassig, nichts stört die grenzenlose Harmonie. Die Beats grooven in bekannter Manier vor sich hin, die Stimmen sind glasklar. Je nach Bedarf wird vielstimmig gehaucht oder kehlig gegurrt. Das ganze Album folgt dem selben Flow. Das ist sicher seine größte Stärke.
Und seine große Schwäche. Das Lebenswerk Phil Collins' im R'n'B Format. Sonst noch was? Leider nicht. Es wird nicht einmal ansatzweise der Versuch unternommen, die Songs in irgendeiner Art und Weise zu interpretieren. It´s all the same. The same sauce. The soft sauce. Haben die Stücke, aus der Kehle ihres Schöpfers vernommen (auch wenn Phil nicht gerade als Mann der musikalischen Extreme gilt) alle einen eigenen Charakter, so hören wir auf "Urban Renewal" einen 15-teiligen R'n'B Song mit den Worten Mr. Collins'. Es gibt kein Ab. Und somit auch kein Auf. Alles plätschert auf einer Ebene. So kann halt keine Spannung entstehen.
Soll sie auch gar nicht. Hier sollen wohltemperierte, Mainstreamradio-taugliche Charthits generiert werden, was schon mit der ersten Auskopplung "Another Day In Paradise" gelang. Gratuliere. Als nächstes dürfte "In The Air Tonight" an der Reihe sein. Zumal es sich Mr. Collins nicht nehmen ließ, seinen Superhit im Duett mit Lil'Kim höchstselbst zu intonieren. Vielleicht macht auch "Against all Odds" oder "One More Night" das Rennen um die Ehre der zweiten Single. Mal sehen.
Summa summarum ergibt das einen musikalischen Schongang mit vokalem Weichspüler auf hohem produktionstechnischen Niveau. Für "Soulbrothers und - Sisters" ist dies sicher sehr o.k. und somit auch bedenkenlos zum Ankauf empfohlen. Was der altehrwürdige Phil Collins Fan empfinden mag, entzieht sich meiner Vorstellung. Vielleicht Ekel. Möglicherweise Verständnis oder gar Liebe? Fest steht jedenfalls: Der kleine Mann mit der Glatze hat von dem, was früher mal mit "Soul" umschrieben wurde, sehr viel mehr in die Wiege gelegt bekommen, als die gesamte Riege der auf "U.R." vertretenen Moneymaker.
Der Rest der Welt höre sich bitte in etwa einem halben Jahr das sanfte Geplätscher der seelenvollen Gelddruckmaschine beim Spaziergang durch den Supermarkt seines Vertrauens an. Sehr entspannend, gähn.
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