laut.de-Kritik
Soundtrack zur Deutschrap-Doku mit Toni L, Herre und Marsimoto.
Review von Alexander AustelBei "Wenn Der Vorhang Fällt" handelt es sich um eine Dokumentation über die nun schon 30 Jahre währende Geschichte des deutschen Hip Hop. Den Kollegen von All Good erklärte Macher Michael Münch das dem Film zugrunde liegende Konzept: "In der Dokumentation geht es darum, die Entwicklungen und Geschehnisse der deutschen Rap-Geschichte aus Sicht seiner Protagonisten zu erzählen. Wir haben mit vielen bekannten deutschen Hip Hop-Musikern Interviews über die Besonderheiten des Genres führen können. Dabei ist eine Erzählung entstanden, die ziemlich authentisch über die ersten Erfolge, das erste Geld und die ersten Enttäuschungen berichtet."
Neben einigen Urgesteinen wie Toni L oder den Stieber Twins kommen auch Künstler der zweiten "Deutschrap-Epoche" zu Wort wie Samy Deluxe, Afrob oder Blumentopf. Den Bezug zum Hier und Jetzt stellen Chefket, Nate57 und Marteria her. Dem vorliegenden Soundtrack gelingt dieser 30-Jahre-Spagat nicht ganz. Einige der genannten Künstler kommen zwar in der Doku vor, nicht jedoch im Soundtrack.
Zwar finden sich Remixes von Toni L, den Fantastischen Vier und Prinz Pi auf der Platte wieder, doch diese kommen schlussendlich doch zu boombappig daher. Das schmälert die vorliegende Qualität zwar nicht, doch das musikalische Soundgerüst von Digitalluc und Figub Brazlevič ist zweifellos mehr im Bummtschack zu verorten ist als in pumpenden Synthie-Krachern der Nullerjahre.
Der Freundeskreis-Track "Wenn Der Vorhang Fällt" vom 1997er-Meilenstein "Quadratur Des Kreises" spielt eine wichtige Rolle, auch wenn er laut Münch nicht als Namensgeber fungierte. Im Gegensatz zu anderen Tracks beließ man es hier beinahe beim Original. "Nick' mit dem Kopf wie'n Jude an der Klagemauer / Wir bringen die Styles, die das Jahrtausend überdauern / Adieu monsieur, ton jeu est fini / Bei uns beißt du auf Granit - bon appetit." Über Max Herre kann man geteilter Meinung sein, doch in diesem musikalischen Zusammenhang geht es nicht ohne ihn.
Eingestreute Instrumental-Tracks verleihen der Platte eine gewisse Dynamik. Digitalluc greift dabei meist zu den Sternen, erschafft sphärische Klänge auf mehrschichtigen Ebenen, in denen man sich als Hörer verlieren kann. Die Boom Bap-basierten Figub Brazlevič-Remixes wie "Gedankenflashflowsnacks" von Main Concept oder "Ein Bisschen Jazz" von Toni L, das im Gegensatz zum Original ("Ein Bisschen Funk") tatsächlich einiges an Freshness tankte und geradliniger wirkt, bilden den Gegenpol.
Was mich von den rein instrumental gehaltenen Stücken am meisten mitreißt, ist der Gastbeitrag "Verpackter Feinstaub" von Mr. Mar. Dieser durch verschwurbelte Melodien getragene Kopfnicker-Beat ist zwar vertrackt und schwer greifbar, geht aber trotzdem sofort ins Ohr. Der Track schafft den Spagat zwischen Eingängigkeit und instrumentaler Überladung, stets getrieben von einem sich nicht aufdrängenden und dennoch präsenten Basslauf.
Gegen Ende des über einstündigen Soundtracks verzwirbelt Dead Rabbit zwei Marsimoto-Songs und erschafft "Der Döner & Das Gras", wobei ein schwummriger, nebulöser Nackenklatscher herauskam. Vielleicht hätte der Platte in diesem Sinne mehr Abwechslung gut gestanden, denn auf Dauer wirken die alten Kamellen der alten Rapper wirklich alt. Fatoni hat ganz recht, wenn er im Trailer sagt: "Ich glaube, wenn Hip Hop eine Person wäre, dann wäre sie höchst schizophren."
5 Kommentare
Die Liste der "Artists" hört sich nach MAXIMALER Wackness an, Musik für Eifelbewohner, ungehört 1/5.
No, das ist auch mir zu wack, Doku und Soundtrack bleiben ungesehen und ungehört. Zu einseitig nur die Studentenknödel zu beleuchten. Wo ist Azad, Tone, RHP, etc. pp.?
Wenigstens haben sie von Prinz Pi, Marsiomoto und Samy nicht die neuen Sachen genommen.
Musik zum Genre-abgewöhnen
Bürger Lars Dietrich fehlt...