laut.de-Kritik
Die DVD als Kippe danach.
Review von Michael SchuhZugegeben, Harald Schmidt gehört wahrlich nicht zur Riege der musizierenden TV-Stars, obwohl er seinem Publikum ja immerhin - Lichtjahre vor The Darkness! - eine fabelhafte Freddie Mercury-Einlage im Latex-Ganzkörper-Outfit kredenzte. So viel mal zu meinen inneren Beweggründen, vorliegende DVD zu besprechen. Aufzuführen wäre natürlich noch meine Liebe zu Harald, der Schmerz seines TV-Abschieds und der Umstand, dass die DVD nun mal unangefordert hier auf den Tisch flatterte. Wobei halt: Harald kennt Whitesnake! Abgesehen von "IG Metal" war diese Anmerkung das einzige, was ihm zu Andracks Metal-Einführungskurs mit Hörbeispielen (Cradle Of Filth, Megadeth) einfiel.
Da David Coverdales Mannen sicher nie in seiner Show auftraten, ist ihm das hoch anzurechnen. "Somebody to love" ist Schmidt seit kurzem ja sogar für passionierte Stefan Raab-Gucker, was zwar verwunderlich ist, dem Erfolg der DVD aber erst Recht auf die Sprünge helfen sollte. Zu Recht? Allzu schnell gerät da in Vergessenheit, dass einige Kreativpausen des Schmidt-Teams auch schon zur besten Sendezeit in unsere Wohnzimmer flimmerten. Einiges davon ist leider auch auf den Silberling gerutscht.
Ein Ausflug an den Badesee mit Opa Schmidt und Witwer Andrack zum Beispiel, natürlich wieder mit Helmut und Suzana im Schlepptau. Banale Alltagslangeweile mit bisweilen genialer Situationskomik, wie in den täglichen Schmidt-Shows eben. Doch was würden wir heute um solche Zeitschindereien geben, nun, da es die Show nicht mehr gibt?
Zudem eignet sich die DVD hervorragend als Die Hard-Indikator: Wie oft habe ich die Show eigentlich angeguckt, welche Gags kenne ich schon und darf ich über Schmidts Abgang überhaupt so ausufernd heulen wie ich es täglich tue? Die Antwort ist jein, denn die Lacher, die man noch nicht kennt, wurden einem zum Großteil am Morgen danach vom Arbeitskollegen vorpantomimiert. Damals. Nun also die DVD als Kippe danach. Da trinken wir doch gerne noch mal herzhaft mit, wenn es heißt: "Manuel säuft auf der Mosel", bei Andracks geografisch fundiertem Sonntagsabsturz.
Der allseits belächelte Rheinfahrts-Flop seines Chefs wird komplett ausgespart, wobei dort ein großartiger Bastian Pastewka als Musikantenstadl-Eumel eine Erwähnung wert gewesen wäre. Der Comedian tritt dafür als Schnellzeichner Oskar in der Dalli Dalli-Hommage auf, einem Beitrag, der die Trauer über Schmidts Rückzug in ungeahnte Höhen treibt.
Zwerchfell-Leiden sind außerdem vorprogrammiert, wenn Harald einen buckligen Ozzy nachstellt, der den atlantischen Ozean anbrüllt: "Go to fucking Alaska!" Unvergesslich natürlich die Studio-Ein-Schanzen-Tournee mit den Teilnehmern Kürbis, Affe, Weihnachtsgans, Kaktus und Mayonnaise-Topf. Apropos Essen, bei Schmidts Antwort auf Rainer Calmunds Diätgeheimnis bleibt weder Auge noch Aquarium-Umgebung trocken. Schwarzer Humor im Director's Cut.
Was trotz aller Kalauer nicht auf Konserve hinüber zu retten war, ist des Meisters messerscharfer Zungenschlag über aktuelle politische und kulturelle Ereignisse. Deshalb mitsingen: We will, we will, miss you. Das gabs so ähnlich mal von Queen, Harald!
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