laut.de-Kritik
Der Deine Lakaien-Frontmann fordert Interaktion.
Review von Michael EdeleGanze sieben Jahre hat sich Alexander Veljanov, der Frontmann von Deine Lakaien, für sein drittes Soloalbum Zeit gelasssen. Warum auch nicht, schließlich besteht bei dem Mann kein Zwang für Veröffentlichungen. Dass sich der Sänger nur zu Wort meldet, wenn er auch etwas zu sagen hat, spricht eigentlich nur für ihn.
Wieder einmal legt er ein Album vor, welches sich weitgehend vom Vorgänger unterscheidet. Dieses Mal verlangt er dem Hörer stellenweise einiges ab. Veljanov will nicht nur unterhalten, er fordert Interaktion. Berthold Brecht und sein episches Theater lassen grüßen. Genau deswegen ist der Opener "Der Kongress" auch so ein harter, für manche Ohren sicher auch ungewohnter Brocken.
Im 3/4-Takt gibt sich der Deine Lakaien-Frontmann dem Chanson hin, das Instrumentarium erinnert etwas an Karussell-Musik. Einen ähnlichen Weg geht der Mann auch mit "Lily B.". Immer wieder tauchen kurze, fast schon abstrakte Einsprengsel auf, die eher dem Trip Hop zuzuordnen sind.
Während auch "Zwei Vor Und Drei Zurück" ein wenig in diese Richtung geht, schlägt der Sänger mit der Single "Königin Aus Eis" einen ganz anderen Weg ein. Mit dem Discobeat und den untypischen Backing Vocals fällt die Nummer ziemlich aus dem Rahmen. Ein wenig klingt das nach einem Zugeständnis an die Industrie, um wenigstens etwas für die Tanzfläche zu bieten. Mit straighten Gitarren und einem treibenden Drumbeat hat "Nie Mehr" einen unbestreitbaren Rockcharakter. Das steht dem Sänger aber gar nicht schlecht, kommen hier doch auch ein paar ungewöhnliche Instrumente zum Einsatz.
"We Can't Turn Back" hat nach kurzem Intro ebenfalls etwas Rockiges. Das liegt vor allem an dem groovenden Rhythmussektion aus Bass und Drums und der Hammondorgel. Bläser und Streicher geben dem Song das gewisse Etwas. Nach einem ähnlichen Prinzip läuft "The New Order" ab. Nach einem verhaltenen, fast schon zögerlichen Beginn bekommt der Track durch die Basslinie und die Drums Zug. Hier schimmern die mazedonischen Wurzeln des Sängers am deutlichsten durch, was die Instrumente angeht. Es lassen sich diverse Parallelen zu VAST erkennen.
Eher relaxte Klänge gibt es bei "His Vita" zu hören, wo leichte Gitarren und ruhige Drums die Stimme von Alex nur hintergründig umrahmen. "Mein Weg" hingegen ist eine getragene, melancholisch gefärbte Ballade, die mit toller Percussion gegen Ende glänzt. Irgendwo dazwischen passt musikalisch "Your House On My Hill" rein, in dem vor allem der fast schon hypnotische Zwischenteil mit deutschem Gesang heraussticht.
Die Vielfalt und die unterschiedlichen Ansätze mit denen der aus Mazedonien stammende Künstler an sein drittes Solo-Werk herangegangen ist, verlangen einem äußersten Respekt ab. Vom künstlerischen Anspruch her muss die Wertung eigentlich höher ausfallen. Da mein persönlicher Anspruch verlangt, von Musik unterhalten und emotional bewegt zu werden, muss es bei drei Punkten bleiben.
2 Kommentare
Gutes Review, eines von denen das auf die Songs eingeht, auf die Instrumentierung und die Inszenierung, ohne sich in Belanglosigkeit zu verlieren. Ehrliches Ende dem ich Respekt zolle, für mich persönlich ein überraschend zugägnliches Album das seinem Titel gerecht wird. Ich hatte schon das Gefühl das das Tor zu Veljanovs Heimat aufgetan wird und den Blick freigibt auf seine nicht nur musikalischen Wurzeln.
Für mich ein 5/5, trozdem sehr gelungenes Review. =)
berthold brecht heißt/hieß übrigens bertold brecht, aber das nur am rande...