laut.de-Kritik

Die Stuttgarter bringen frischen Wind in die Post Hardcore-Szene.

Review von

"Aspire" – aufstreben – beschreibt zum aktuellen Zeitpunkt die Karriere der Venues gut. Nach Jahren im Untergrund als Break Down A Venue wollen die Stuttgarter unter neuem Namen nun richtig angreifen. Trotz zuvor veröffentlichter Platten sehen sie inzwischen den echten Startpunkt der Band im Jahr 2015, die griffige Namenskürzung erfolgte erst 2017. Zeit zur Stilfindung hatten die Musiker also zur Genüge. So klingt das als Debüt-LP proklamierte "Aspire" sehr fokussiert, rund produziert und eigenständig genug für einen Impact im übersättigten Post Hardcore-Markt.

Den Kern des Bandsounds bildet die gesangliche Doppelspitze von Nyves und Robin. Erstere dominiert die Songs mit kraftvollem, melodischem Klargesang, letzterer konterkariert mit typischer Post Hardcore-Heiserkeit und brutaleren Shouts. Die instrumentale Dualität aus Ruhe und Aggression übersetzen sie so deutlicher und dank Nyves' definierter Stimme mit stärkerer Pop-Schlagseite in den Vocals als die meisten Genrekollegen. Das vorhandene Mainstream-Potenzial bedienen Venues ungeniert, in "Nothing Less" zum Beispiel mit einer kitschig-fröhlichen Streicher-Melodie, die Itchy-Fans sicher super finden.

Manchmal vernachlässigen sie darüber die Härte und lassen Robins Screams etwas alibimäßig im Raum stehen. Die Band flicht sie zwar reibungslos in die schlüssigen Arrangements ein. Trotz ungefähr gleicher Anteile erinnert man sich am Ende eines Tracks jedoch hauptsächlich an Nyves' Hooks, während die harschen Vocals zu Einheitsbrei verschwimmen – und das, obwohl Robin eigentlich sehr abwechslungsreich agiert. In "Lights" überzeugt er mit schnellen, nur leicht angezerrten Zwischenrufen, in "The Epilogue" ist er es, der einem hymnischen Outro-Chor den entscheidenden Schneid verleiht, und bei "My True North" stiehlt er Nyves mit harten Metalcore-Einsprengseln die Show.

Ein weiteres Manko an "Aspire" und einer der Gründe, warum Robin trotz besagter abwechslungsreicher Performance teils untergeht, ist, dass instrumental diese Abwechslung oft fehlt. Zwar starten Venues die meisten Songs mit guten Ideen und Melodien, spätestens im Refrain ruhen sie sich dann aber auf konturloser Akkordbbegleitung aus. So hat Nyves zwar immense Freiräume, um – z.B. in "Dilemma" – ihre Melodien auszubreiten, auf Dauer wird das dennoch ziemlich dröge. Zu selten überraschen Venues. Dass sie dazu durchaus in der Lage wären, zeigen sie mit einem Rockstar-Solo im ansonsten eher unspektakulären "Star Children" und schwelgerischen Post Rock-Harmonien in "Silence".

Venues klingen auf "Aspire" wie eine Band, die ihren Sound längst gefunden und einige starke Alben veröffentlicht hat, nun langsam an Ideenarmut krankt, aber dank Erfahrung und Routine im Songwriting Fans noch immer beglückt. Da die Stuttgarter allerdings erst am Anfang ihrer Karriere stehen und folglich keine übermächtigen Backkatalog haben, an dem sie sich (öffentlich) aufreiben, könnte "Aspire" tatsächlich als Sprungbrett funktionieren. Das Können ist da, der Fokus ist da, der definierte Stil ist (trotz Luft nach oben in der Ausführung) da. Frischen Wind in die Post Hardcore-Szene, für die sie beinahe zu Alternative-lastig klingen, pusten sie allein schon durch ihre Frontfrau.

Trackliste

  1. 1. We Are One
  2. 2. Lights
  3. 3. The Longing
  4. 4. Fading Away
  5. 5. The Epilogue
  6. 6. Dilemma
  7. 7. My True North
  8. 8. Star Children
  9. 9. Nothing Less
  10. 10. Shades Of Memory
  11. 11. Silence
  12. 12. Ignite

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