laut.de-Kritik
Gewollt unrund und unfertig.
Review von Stefan MertlikAuf ihrem Jubiläumsalbum laden Violent Femmes ins "Hotel Last Resort" ein. Die auf dem Cover abgebildete Bettenburg strahlt allerdings keine Modernität aus, sondern erinnert an die Vergangenheit. Das passt zum Sound. Violent Femmes haben Songs aufgenommen, die wie Demoaufnahmen aus früheren Zeiten klingen.
Noch immer schrammeln die Gitarren, als hätten Gordon Gano und Brian Ritchie vergessen, sie an Strom anzuschließen. Der Hintergrundgesang unterstreicht diesen unbeholfenen Ansatz, da er herrlich deplatziert wirkt. Violent Femmes klingen auch auf ihrem zehnten Studioalbum gewollt unrund und unfertig. Dass Gano einen Lacher in "I'm Nothing" nicht unterdrücken kann, passt da perfekt in die Aufnahme.
"Please don't sing another chorus / That's the thing that starts to bore us", fleht Gano einen imaginären Kollegen auf "Another Chorus" an und erklärt im zweiten Vers, weshalb: "A verse is like a chorus if you sing it more than once / This feels like it's been going on for days and weeks and months". Dass er auf dem Stück selbst einen der eingängigsten Violent-Femmes-Refrains seit Jahren abliefert, gehört zum Gag.
Es überrascht niemanden, dass das Quartett auch auf dieser Platte keine Experimente scheut. "I'm Not Gonna Cry" stammt ursprünglich von der griechischen Band Pyx Lax. Violent Femmes haben den Song ins Englische übersetzt. Nun bereichert er den Band-Sound mit Klarinette und Klezmer-Vibe. Dieser Vielschichtigkeit steht mit "Sleepin' At The Meetin'" aber auch ein aus dem Ärmel geschütteltes A cappella gegenüber.
"Hotel Last Resort" bietet mit Songs, die nur selten die Drei-Minuten-Marke knacken, ein kurzweiliges Programm. Die abenteuerlustige Musik, die irgendwo zwischen Punk und Folk mit roter Clowns-Nase und Spritzblume chillt, spielen Violent Femmes seit ihrem Debütalbum von 1983 konsequent weiter. Themen wie Religion ("Adam Was A Man") und Liebe ("Not OK") behandeln sich dadurch noch immer mit dem nötigen Augenzwinkern.
"Please, lover, don't let the terror scare us too deep", singt Gordon Gano auf "Paris To Sleep" und rückt die Gaudi für einen Song dann aber doch in den Hintergrund. Unpassend wirkt dieser Kommentar auf die Terroranschläge in Paris trotzdem nicht. Vielmehr unterstreichen die ernsten Töne im letzten Albumdrittel, dass Violent Femmes bei allem Spaß keine oberflächliche Band ist.
2 Kommentare
Auf dem Titeltrack gibt sich Tom Verlaine die Ehre. Wirklich zur Geltung kommt sein legendäres Gitarrenspiel leider nicht.
So fein gealtert wie ein alter Wein... in einer Regentonne hinter der Kläranlage. Teilweise angehört 1/5.