laut.de-Kritik
Groovende Soul-Disco mit belebender Frische.
Review von Artur SchulzAm Anfang steht der Fußball: Vágner Love ist ein brasilianischer Kicker, der bei ZSKA Moskau spielt. Dessen Esprit und Können nehmen sich vier Frankfurter zum Beispiel und nennen sich leicht verändert Wagner Love. Von müdem Standfußball kann beim Sound der Band auch nicht die Rede sein.
Kein Wunder, bearbeiten sie doch das Feld tanzbarer Grooves und Beats der sechziger und siebziger Funk-Jahre bis hinein in den frühen Achtziger Disco-Soul. Als Pate steht ihnen dabei eine bunte Schar der weltweiten Funky Family zur Seite, von Odyssey über Donna Summer bis hin zu Cody Chesnutt und auch die Pet Shop Boys schauen auf "Everything About" mal vorbei.
Wagner Love zelebrieren ihre Dance-Beats allerdings nicht auf reiner Plagiatsbasis, dazu sind ihre Song-Ideen und die Umsetzung zu lebendig und beseelt. Eine erste Adelung erhielt die Formation von Lenny Kravitz: Ihn durfte man in Hannover 2008 supporten. Von womöglich liebloser Casting-Aktion findet sich erfreulicherweise ebenfalls nichts in den Annalen - die vier Freunde spielen bereits seit 2003 zusammen und bilden eine gewachsene Einheit.
Der Album-Eröffnungsfreistoß "Doin' It" trifft appetitmachend ins Schwarze: Kräftig groovt der Beat und erinnert angenehm an Party-Kracher der Sorte "Victory" und "Get Down On It" der Soul-Brothers von Kool & The Gang. Auch "You Are All I Need" und "Bigger Than You" lassen kein williges Tanzbein ungerührt. Klassische schwarze Song-Strukturen, im Verbund mit belebender Frische und spürbarem Spaß an der Sache, münden so in einen höchst unterhaltsam funktionierenden Dance-Soul.
Die Hooks zünden: Ob "Everybody Runs" oder "Too Many Ways", die Wagner-Offensive bleibt geradewegs auf den Torerfolg gerichtet. Die Strategie atmet gelegentlich kontrollierte Offensive, bleibt jedoch frei von langweiligem Rasenschach. Ob es sich nun beim Griff ins Gestern um dezente Phillysound-Anleihen ("Three Degrees") handelt, groovende Beats aus der Shaft-Ära oder den gefühlvollen Dance-Soul eines Johnny Bristol ("Hang On In There Baby"), der Spaß an der Sache ist stets spür- und nachvollziehbar.
Produktionstechnisch stehen die zwölf Songs auf hohem Niveau, Producer Roland Spremberg (Wingenfelder, BAP, Alphaville) steht ohnehin nicht im Verdacht, seine Arbeiten mit austauschbarem Zuckerguss zu überziehen. Diese Vorgehensweise kommt den Songs in Form von lebendiger Korrespondenz zwischen den Stilen und einer warmen Ausstrahlung zugute.
Im Songwriting zeigen sich Wagner Love zielsicher und von hoher Güte. Womit wir wieder beim Fußball wären: Bedeutet "Everything About" das Erstliga-Debüt des Frankfurter Teams, so stehen sie mit diesem Werk gleich nach dem ersten Spieltag verdient auf einem guten UEFA-Cup-Platz.
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