laut.de-Kritik
Die Schatzis drehen auf.
Review von Karina SadkovWie Wanda so schön sagen würden: 'Willkommen, Schatzis, bei "Live am Wiener Donauinselfest 2024"!' Eine Liebeserklärung an die besondere Verbindung zwischen der Band und ihren Fans samt gemeinsamer Reise durch Wandas Diskografie. Denn Musik wird hier nicht nur gehört, sondern durch und durch erlebt. Jede Liveversion haucht den Songs neues Leben ein – egal, ob alt oder neu: Wanda geht die Puste nicht aus!
Wie der Plattentitel schon verrät, entstand das Album 2024 während des Auftritts beim Donauinselfest in Wien – dem größten kostenlosen Open-Air-Festival der Welt, so wird kolportiert, das über 2,5 Millionen Fans in die Hauptstadt lockte. Die schiere Größe der Crowd und ihre Euphorie sind auf der Platte nicht zu überhören. Trotzdem schaffen es Wanda nur bedingt, die Magie dieses Ausnahmeabends in die Liveaufnahme hinüber zu retten. Manchmal fehlt der letzte Funke, der die Bühne zum Beben brachte.
Mit dem Album "Amore" begann vor einem Jahrzehnt Wandas Erfolgsstory – nur logisch also, dass "Bologna" den Abend eröffnet: Der Song hämmert aus den Lautsprechern, und das Publikum springt sofort auf die Welle auf. Der Fanliebling bekommt in den Strophen ein paar frische Nuancen verpasst. Dabei fällt besonders die gereifte Stimme von Marco Michael Wanda auf, die nun mehr Druck und Ausdruckskraft hinter die Worte legt. Natürlich dürfen vom Debütplatte auch "Kairo Downtown", "Luzia" und "Ich will Schnaps" nicht fehlen.
"Jurassic Park" beginnt mit einer klaren Ansage: Frauen sollen für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn verdienen. Erst dann ist es eine gerechte Welt. Punkt. "Männer habens verschissen", knallt Marco in den Raum - und das Publikum jubelt. Der Song kommt live noch ein Stück härter, rotziger und mit mehr Dialekt. Der Wiener Schmäh sitzt, die Botschaft ebenso. Auch "Wir sind verloren" kommt mit aktualisiertem Text schärfer um die Ecke. "Lächerliche AfD" ersetzt "lächerliche Zeit vergeht" und setzt Kritik an der Politik. Man kann sich natürlich fragen, warum die Österreicher die AfD erwähnen und nicht die FPÖ.
Zwei Gäste baten Wanda auf die Bühne - und beide passen perfekt in ihre Welt. Zuerst Boris Bukowski mit "Kokain". In der ersten Strophe und im Refrain bleibt alles beim Alten – Bukowski liefert wie gewohnt. In der zweiten Strophe übernehmen dann Wanda und ändern den Text leicht ab: "Du bist mein Gift und meine Medizin" wird zu "Und du weißt, dass ich dir total verfallen bin". Wanda machen den Song zu ihrem, ohne Bukowskis Spirit zu verlieren. Bei "No a bissl foischer" singt Wanda nur im Refrain mit, Der Nino aus Wien übernimmt den Rest.
"Va Bene" gerät live zu einer emotionalen Achterbahnfahrt. Der Song startet mit einer Mischung aus Pre-Refrain und neuen Zeilen wie "Bist du da? / Du bist immer da!" und bringt soeine intime Wendung. Nach einer kurzen Pause folgt die rührende Erinnerung an Christian Hummer, ihren 2022 verstorbenen Keyboarder. Michael widmet ihm die Worte: "Lass mich spüren, dass du am Leben bist. In fucking Freiheit". Auch diese Liveversion kommt roher und wirkt emotionaler als im Studio.
Bei "Bussi Baby", "Meine beiden Schwestern" und "Columbo" hört man heraus, wie animiert die Crowd ist. Die Band spielt ohne große Patzer routiniert, und Marco Michael Wanda beweist einmal mehr, dass er weiß, wie man die Menge in Bewegung setzt. Die Mitsing-Chöre des Publikums, die regelmäßig durch die Tracks hallen, verleihen der Aufnahme zusätzliche Energie und beweisen, wie beliebt Wanda sind.
Das Konzert endet mit dem Hit "1, 2, 3, 4", bei dem Wanda die Menge noch mal so richtig anheizen. Die Band stimmt direkt den Refrain an, und das Publikum schreit ihn lauthals zurück. In den Lyrics gibt es einige Änderungen, um die Crowd noch mehr zu pushen: So wird aus "denn in mütterlicher Stille fängt es an zu schnei'n" nun "zwar in mütterlicher Stille fangt ihr an zu springen". Der Song zieht sich über zehn Minuten, wobei die letzten vier mit verrückten Sounds des Sängers und chaotischen Instrumentals eskalieren. Dabei ebbt der Sound immer wieder ab, sodass das Publikum meint, der Song wäre vorbei – nur, um mit dem Refrain erneut die Hütte abzureißen.
Wanda wissen genau, was sie tun – der Amadeus Austrian Music Award 2024 für den Liveact des Jahres spricht insofern eine deutliche Sprache. Die Livetracks toppen meist die Studioaufnahmen, und trotzdem ziehen mich die Schatzis nicht völlig in ihren Bann. Vieles klingt irgendwie ähnlich, und der Funke will nicht immer überspringen.
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