laut.de-Kritik
Schönes Stück Musik mit zu-hörenswerten Texten.
Review von Felix PfäfflinEine herzerfrischende Zusammenstellung von 15 Stücken präsentieren Wiglaf Droste & das Spardosen-Terzett, hälftig solche, die Droste in vergangenen Zeiten gehört hat, hälftig eigene Kompositionen des Essener Trios und Drostes, den sie nach einer seiner A Capella-Nummern in schwarzen Anzügen gestellt und als Sänger verpflichtet hatten.
Die Wiederaufnahme, das Jürgen Drews-Cover von "Hotel California", eingespielt mit akustischer Gitarre, Kontrabass und Besenschlagzeug als bekanntestes Schon-da-Gewesenes gibt den instrumentalen Rahmen des Albums an: keine Elektronik, Gitarre und Klavier abwechselnd als führendes Instrument, stückweise Ergänzungen durch Querflöte, Mundharmonika oder Congas, hauptsächlich aber den Gesang des Öffentlichkeitsmenschen Wiglaf Droste begleitend. Bekannt als taz-Kommentator, Schriftsteller und staatlich geprüfter Bundeswehr-Verunglimpfer geht er hier seinem vokalen Talent nach: eine äußerst angenehme Stimme, die er bereits im zarten Alter von zwei Jahren trainierte, als er die Nacht durchlömmerte (im Ruhrpott Bezeichnung für freizügiges Singen) und die schnell zum Mitlömmern anregt.
Teilt man Drostes musikalische Vorlieben nicht, dann stechen die Eigenproduktionen heraus. Die ausdrucksstarke Entlarvung unserer Neureichen in "Nett Sind Sie Alle" erinnert an die expressionistische Gesellschaftskritik der 20er und 30er Jahre. "Vogelheim" ist dagegen eine Straßenauskunft auf dem Weg in den Essener Vorort, wie wir sie alle kennen, ohne je in Essen gewesen zu sein. In "Sag Warum" wird swingend die männliche Hilflosigkeit gegenüber dem weiblichen Körper bloß gelegt: "Dein Po macht mich fertig" und jeder Raucher wird in seinem Innersten ergriffen sein, hört er die Ballade "Nie". Als rein maskuline Band stellt sich die Institution einer männlichen Selbsthilfegruppe als Horrorszenario heraus: erstklassige Zeitgeistreiter-Qualitäten in "Weinen, bis Blut kommt".
Fehlt noch was? Ach ja, das Wort zum Sonntag: "Für Immer", das letzte Stück, sagt uns droste-individuell, wie bedeutsam jeder kleine Schritt für das gesamte Leben ist. Lässt man das Album Revue passieren, ist es nicht nur ein schönes Stück Musik mit zuhörenswerten Texten, sondern beinahe ein Stück Erziehung. Unter den gecoverten Stücken fällt "Nana Mouskouri" ein bisschen aus dem Rahmen. Die ewig alte Doppelmoral von 'außen ganz hart und innen ganz weich' ist hier das Thema. Das Album aber ist eher außen weich und innen ganz hart.
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