laut.de-Kritik
Madonnas Lieblingsproduzent verneigt sich vor den alten Meistern
Review von Florian Schade"Was immer ich tue, nenn es nie Ambient. Und auch nicht Dub. Das ist es nicht. Ich bin zufällig fasziniert von Reverb und Echo. Für mich ist Ambient ein Begriff, den Leute benutzen, um sich zu entschuldigen, dass ihre Musik unaufdringlich und unaggressiv ist."
Der Verfasser dieses deutlichen Statements, William Orbit, ist in den letzten Jahren vor allem als hochkarätiger Produzent und Remixer von Acts wie Peter Gabriel, Sting, Prince und Madonnas grammyprämiertem Album "Ray Of Light" in Erscheinung getreten. Der experimentierfreudige Klangmischer veröffentlichte sein nun vorliegendes Album "Pieces In A Modern Style" bereits 1995 unter dem Namen "The Electric Chamber". Nur wenige Exemplare waren an die Öffentlichkeit gelangt, als ein Lizenzverwaltungsverfahren das Projekt auf Eis legte.
Mittlerweile sind nicht nur die rechtlichen Fragen geklärt, das Tracklisting ist auch um einige Titel erweitert worden. Schon das Eingangsstück "Adagio For Strings" von Samuel Barber (1910-1981) bereitet dem Hörer einen einladenden weichen Teppich synthetischer Umsetzung des ursprünglichen Streichersounds. Zeitlosigkeit verbreitet sich. Nicht nur in Form vollkommener Entspanntheit, sondern auch durch die Zusammenstellung, die Stücke alter Meister problemlos neben denen neuer Komponisten stehen lässt. So werden Ausschnitte aus Georg Friedrich Händels (1685-1759) "Xerxes", Beethovens (1770-1827) "Triplekonzert in C-Dur" und Antonio Vivaldis (1678-1741) barock-verspieltem "LInferno" auf der einen Seite, und den "Pieces In The Old Style" von Henry Gorecki (*1933) sowie John Cages (*1912) "In A Landscape" auf der anderen Seite definiert.
Überraschend, daß Orbits elektronische Verneigung vor den klassischen Meistern in England schon jetzt die Charts eroberte, sich sogar bis auf Platz 2 vorkämpfen konnte. Die Single "Barbers Adagio For Strings" befand sich, nicht zuletzt wegen des fetten Clubremixes, sechs Wochen ununterbrochen in den Top10. Neuinterpretationen und Transformierungen sogenannter E-Musik finden also durchaus ihr Publikum, besonders wenn es William Orbit durch seine vielschichtigen Klangplateus mit einer unglaublichen Menge an Hintergrundsounds so hörenswert macht.
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