laut.de-Kritik
Je größer der Ruhm, desto tiefer der Fall.
Review von Giuliano Benassi68 ist Willie Nelson mittlerweile, eine Ikone, deren Ruhm weit über die Grenzen des Country herausragt. Nach wie vor produktiv kriegt er nach einem halben Jahrhundert im Musikbusiness immer noch ganz anständige Sachen zusammen. Warum nur muss er sich und seine ZuhörerInnen mit einer Platte wie "The Great Divide" belästigen?
Das Rezept ist immer wieder das gleiche: Alt trifft Neu, Neu trägt ein paar Lieder bei, Alt wird gefeiert und stockt Bankkonto und Selbstbewusstsein auf. Santana hat das vor ein paar Jahren vorgemacht. So gut, dass Rob Thomas mit "Maria" mit von der Partie ist, ein Titel, den er auf "Supernatural" zwar nicht gesungen hat, der aber dennoch fast zum Synonym des Albums geworden ist. Sheryl Crow hat wieder eine gute Gelegenheit verpasst, nein zu sagen, Rockerin Bonnie Raitt und Country-Chanteuse Leeann Womack bringen die Frauenquote auf ein überraschendes Niveau, für Lyrics wie "Maria, shut up and kiss me, stop shaking, stand up and hold me". Kid Rock sorgt für frisches Outlaw-Blut, hinkt aber selbst bei dieser halbherzigen Einlage nicht nur in der Haarlänge Nelson hinterher.
Die Produktion: Querfeld ein. Ist der Opener noch annehmbarer Country-Pop, tauchen auf "Last Stand In Open Country" passend zur E-Gitarre schwachbrüstig unangemessene Beats auf. "Won't Catch Me Crying" ist wenigstens schön schnulzig, "Be There For You" Billigrock. Das erste Lied, das nicht negativ auffällt, ist das traurig-langsame "The Great Divide" mit seinem hispanischen Flair. Fast eine Verschwendung, wie der Tremolo auf "Just Dropped In" zeigt. Erst gegen Ende flackert der Willie aus alten Zeiten wieder auf, so im melancholischen "Face" und im klaviergetragenen "You Remain". Vollkommen unnötig dagegen "Time After Time" (ja, genau, Cindy Lauper).
Je größer der Ruhm, desto tiefer der mögliche Fall - so die bittere Erkenntnis bei Willie Nelsons neuestem Output.
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