laut.de-Kritik
Hier herrscht eher kritische Melancholie.
Review von Jens BrüggemannEndlich erscheint ein Best Of-Album mit dem sanft swingenden Deutschrock des etwas in Vergessenheit geratenen Wolfgang Michels. Die Platte bewegt sich mit über 78 Minuten hart an der Grenze des Mediums, aber keinesfalls an der des Ertragbaren, da ginge noch Einiges mehr.
Ähnlich wie auch seine englische Best Of weist diese Michels-Compilation die zahlreichen verschiedenen Wege auf, die er mit dem ihm eigenen Folk-Rock beschritten hat. Die eher fröhlich poppige Richtung bedienen Tracks wie "Jimmy Bleib Hier" oder "Dies Könnte Unsre Heimat Sein". In die gleiche Ecke lässt sich auch "Du Bist Mir Nah" einordnen, bei dem neben den allgegenwärtigen, clean gespielten Gitarren-Riffs eher Synthie-Klänge das treibende Element darstellen.
Das Gefühl der Romantik, das das englischsprachige Album auszeichnet, kommt bei den Songs der deutschen Best Of aber nicht in gleichem Maße rüber. Diese Melancholie oder Sehnsucht wird, abgesehen von wenigen Ausnahmen wie etwa "Wie Ein Laserstrahl" oder "Wenn Ich Mich So Fühl Wie Heute", eher von der Anklagefunktion gegenüber von Michels kritisierten gesellschaftlichen Verhältnissen ersetzt. Dies zeigt sich beispielhaft in dem Off Beat-Song "Dealer", mit dem er beschreibt, was ihn bewegt: "Die letzte grüne Wiese/wird bald gepflastert/Und bebaut/Weisheit in jeder Tagesschau/Verkauft uns in die Zukunft".
Eine nennenswerte Besonderheit ist der Song "Unten im Keller" von dem 1981 erschienenen Album "Irgendwas Stimmt Hier Nicht". Dieser erinnert von der Soundkomposition her sehr stark an den Rolling Stones-Hit "Miss You" von 1978.
Der musikalische Standard-Michels wirkt mit seiner deutschsprachigen Best Of nicht ganz so sehnsüchtig-anrührend wie die englische Version, hier herrscht eher kritische Melancholie. Wie auch für das andere Album gilt für dieses: Für Michels-Einsteiger ein Kann und für Fans ein Muss.
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