laut.de-Kritik
Das Lo-Fi Material könnte auch aus New York stammen.
Review von Jasmin LützHör mal, wer da hämmert! "Do It Yourself" ist nicht nur das Motto zahlreicher, langweiliger Heimwerkersendungen, sondern gilt auch im Indiebereich als schlagkräftiges Stichwort. Die Handwerker des selbsternannten DIY-Riot-Pops heißen Woog Riots und kommen aus Darmstadt. Wobei ihr charmantes Lo-Fi Material auch glatt aus New York kommen könnte.
"Strangelove TV" nennen sie ihr erste Langspielplatte, und die klingt unheimlich gut. Der Zeitgeist des Antifolk schwebt dabei über den Hauptprotagonisten. Das sind ein Mann und eine Frau, die im harmonischen Wechselbad der Gefühle im Vordergrund stehen. Silvana Battisti singt und begleitet die dreizehn Popsongs mal mit einem Stylophone, einer Melodica, einer weinenden Säge, dem Mini-Casio oder sonstigen Percussions-Spielereien. Ihr Duettpartner Marc Herbert hat ebenfalls eine tolle Stimme und spielt vorzugsweise auf der Gitarre.
Die Texte sind lebendig und zitatenreich. Die Musik beschwingt und manchmal sogar etwas beschwippst. Gleich zu Beginn wird die "Queen Of Pop" mit tanzvergnügten Beats vorgestellt und wechselt direkt zum hitlässigen "Commercial Suicide". Überhaupt klingen die Woog Riots so angenehm zwanglos ("Give A Fuck To The Record Companies") und klappern selbstbewusst die verschiedensten Musikshops ab. Da streift die Hand gerne mal durch die Lo-Fi-Abteilung, 60s Garage, das sonnige Folkregal oder eben in die klassische Indie-Gitarren Schule.
Provokant kommen die Darmstädter daher, dabei allerdings immer mit einem ironischen Augenzwinkern. Verwirrende Momente, nachdenklich, aber niemals duselig auf die Tränendrüse drückend. Eine perfekte Mischung, um die Idiotie des Alltags unterhaltsam zu revolutionieren. So war es bei den Moldy Peaches und so bleibt es hoffentlich bei den Woog Riots. Nicht dass es Silvana und Marc plötzlich zu einer Solokarriere drängt und man zuletzt von Herrn Herbert vor lauter Medienpräsenz gnadenlos erschlagen wurde.
Kein Geringerer als Produzent Tobias Levin ist für dieses Schrammel-Riot-Debüt verantwortlich. Der kleine Wurm im Ohr wird diese Melodien sofort zum Mitträllern registrieren und mit dem häufigen Instrumentenwechsel können Woog Riots auf der aktuellen Songwelle wunderbar das Gleichgewicht halten. Auch das Boy/Girl-Gesangsdoppel passt hervorragend, wie man nicht nur in den ruhigen Momenten von "John & Yoko In Bed" oder "Hot Showers" erleben darf.
"Mrs Pharmacist" lässt eine Liebe zu The Fall erahnen und der Tribute Sampler von 2004 zeigte diese Zuneigung noch deutlicher. Mit dem Titel "Strangelove TV" entführen sie uns zum Schluss ein letztes Mal in ihre verrückte Zauberwelt. Aber zum Glück kann man sich mit dieser Platte immer wieder beschallen. Im April 2006 reisen sie durch einige deutsche Städte.