laut.de-Kritik

Musikalische Überfahrt zwischen Denken und Handeln.

Review von

Yann Tiersen war noch nie ein Musiker, der sich in viel befahrenen Gewässern bewegt. Mit "Rathlin From A Distance | The Liquid Hour" veröffentlicht der französische Musiker und Komponist ein Album, das in seiner Vielschichtigkeit ebenso fasziniert wie herausfordert. Das Album ist größtenteils akustisch gehalten, mit nur wenigen Gesangseinlagen. Eine musikalische Überfahrt zwischen Denken und Handeln, ein Zusammenspiel von momentaner Schönheit und elektronischem Nachklang.

"Rathlin From A Distance": Die erste Hälfte des Albums umfasst acht Solo-Klavierstücke. Das erste Stück trägt den Namen "Ninnog", wie das Boot, mit dem Tiersen auf Segelreisen geht. Die anderen sieben Stücke sind nach Orten benannt, die er auf diesen Reisen besucht hat.

Die Musik beschreibt keine Landschaften, sondern Emotionen: das Ankommen, den Abschied, das Vermissen. Jedes Stück gleicht einem Tagebucheintrag – so auch "Papa Stour", benannt nach einer Insel in Schottland. Das Stück strahlt eine tiefe Ruhe und Zurückhaltung aus. Vereinzelte hohe Töne durchbrechen die langsamen, tiefen Passagen und verstärken das Gefühl der Distanz.

Das titelgebende "Rathlin From A Distance" schwankt zwischen Melancholie und Hoffnungsschimmer. Tiersens erste Stücke auf dem Album sind einerseits hypnotisch, andererseits aber auch etwas langwierig. Bei Liedern, die bis zu elf Minuten lang sind, ist das ganz schön schleppend. Es ist auch Musik, die von dem Zuhörer eine intensive Konzentration verlangt – und wer sich darauf einlässt, kann mit tiefen Emotionen belohnt werden. Jeder Ort, den Tiersen auf seinen Reisen besucht, scheint eine neue Emotion in seinen Kompositionen ausgelöst zu haben. "Caledonian Canal" fließt in ruhigen, klaren Linien, während "Fastnet" eine düstere Dramatik entfaltet, die – wie auch "Stourm" – an einen unruhigen Tag auf See erinnert.

Dieses Lied markiert auch den Übergang zwischen den beiden Hälften des Albums. Langsam entwickelt sich das Stück, immer mehr elektronische Elemente werden integriert, bis es schließlich mit Synthesizern und Rauschen endet – ein deutlicher Kontrast zu den klaren Klängen zuvor. Weiter geht es mit vier Titeln die mit pulsierenden elektronischen Beats und psychedelischen Rhythmen arbeiten. Hier experimentiert Tiersen mit Synthesizern, treibende Grooves und gesampelten Stimmen.

Auch seine politische Einstellung fließt in seine Arbeit ein, Ausschnitte aus einer Rede der Antifaschistin Dolores Ibárruri "¡No Pasarán!" baut er in den nach ihr benannten Song ein. In diesem Stück ist auch Tiersens Frau Émilie Quinquis zu hören, die das Stück mit ihrer kraftvollen Stimme abrundet.

Dieses Album wirkt zunächst wie Hintergrundmusik, ist es aber nicht. Sie braucht Aufmerksamkeit, um verstanden und gefühlt zu werden. für Menschen, die bereit sind, den Anker zu lichten und sich treiben zu lassen.

Trackliste

  1. 1. Ninnog
  2. 2. Fastnet
  3. 3. Rathlin From a Distance
  4. 4. Tórshavn
  5. 5. Norðragøta
  6. 6. Papa Stour
  7. 7. Bigton
  8. 8. Caledonian Canal
  9. 9. Stourm
  10. 10. Ninnog At Sea
  11. 11. Arne
  12. 12. The Liquid Hour
  13. 13. Dolores

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