laut.de-Kritik
Die Indie-Rock-Altmeister erforschen die Zeit.
Review von Alexander KrollAls Yo La Tengo ihre allerersten Klänge in die Welt schickten, stand in den Kalendern noch das Jahr 1984. Fast vier Jahrzehnte lang haben die Indie-Rocker aus Hoboken, New Jersey, seitdem an ihrem speziellen Sound zwischen elektrischen Eruptionen und schwebenden Melodien gefeilt. Jetzt bündeln sie ihn konsequent zu einer philosophischen Reflexion über das Fortschreiten der Zeit.
"This Stupid World" nimmt sich reichlich Zeit. Sowohl der Opener als auch die beiden finalen Tracks überbieten die Sieben-Minuten-Marke. Bei den Aufnahmen übernahm das Trio komplett die Regie. Zum ersten Mal produzierten Ira Kaplan, Georgia Hubley und James McNew ein Album vollständig selbst und spielten jeden Track gemeinsam im Studio ein. Ziel war ein besonders naher, live-ähnlicher Sound.
"Sinatra Drive Breakdown" startet die Zeiterkundung mit furiosem Druck. Vor einer Noise-Rock-Kulisse, die dem Band-Stil alle Ehre macht und auch Kollegen wie Sonic Youth gut stehen würde, testet Ira Kaplan mit sanftem Gesang die Vereinbarkeit von Romantik ("Your eyes, your love") und Vergänglichkeit ("Until we all break"). Dem Wunsch nach Zeitlosigkeit folgt die Leadsingle "Fallout" mit pop-rockigem Schwung ("I want to fall out of time / Reach back, unwind").
Im weiteren Verlauf gerät die Symbiose zwischen krachenden und zärtlichen Klängen etwas ins Wanken. Vor allem die Rocksongs bewegen sich an der Grenze zu einer beschwerlichen Monotonie. Mit der bassgesteuerten Sprechgesang-Performance skurriler Texte überzeugen weder das irrlichternde, Eels-nahe "Tonight's Episode" noch die vielschichtig delirierende Velvet Underground-Spielart "Brain Campers" voll.
Ausgerechnet der Titeltrack übertreibt es mit einem experimentell ausufernden Rauschen. Über siebeneinhalb Minuten fordert "This Stupid World" viel und bietet weniger als es könnte – die bittersüße Botschaft dringt nur leise durch den tobenden Lärm ("This stupid world / It's killing me / This stupid world / Is all we have").
Gezielter treffen die stillen Töne. "Until It Happens" trotzt der Härte der Endlichkeit in einem meditativen Jam ("Stay alive / Look away from the hands of time"). "Apology Letter" krönt seine versöhnliche Milde mit der einfachen, entzückenden Zeile "If I were to smile at you / Would you smile at me?".
Zu den Highlights gehören auch die von Giorgia Hubley gesungenen Lieder. In einem leichten melancholischen Stil, der Nico wachruft, spaziert "Aselestine" durch die Jahreszeiten ("One day walking / Walking on leaves, then snow"). Hoch in Dream-Pop-Sphären schließt "Miles Away" kontemplativ das Album. Eins ist sicher: Die Zeit vergeht, doch Yo La Tengo werden bleiben.
8 Kommentare
Dieser Kommentar wurde wegen eines Verstoßes gegen die Hausordnung durch einen laut.de-Moderator entfernt.
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Merke. Yo La Tengo können kein schlechtes Album machen. Es ist immer wenigstens 4/5.
Platte des Jahres bisher.
Treffender Titel, muss direkt wieder an Idiocracy denken!
Ich oute mich jetzt mal als Kostverächter und Kretins:
Der Sound klingt ja ganz nett und die können sicher was an ihren Instrumenten, aber warum klingt jeder Song so als hätte man den Teil zwischen Intro und Outro in dem wirklich was passiert einfach rausgeschnitten?