laut.de-Kritik

Castingshow-Hardrock vom Feinsten.

Review von

Noch mehr "Human". Beim letzten Monat erschienenen Verwandten konnte man immerhin von guter Stadionrockunterhaltung sprechen. A Life Divided kann leider nicht einmal davon die Rede sein. Gepresste Linkin Park der übleren Sorte. Die gebotene Kreativität spiegelt sich leider in der Titelwahl des Abschlusssongs wider: "Happy End".

"Human" besteht nahezu komplett aus einem einzigen Songprinzip. Heavy Opening-Riff und dann so schnell wie möglich ab in die runtergefahrene Strophe. Im Refrain eine ohrwurmtaugliche Hook, die so austauschbar ist wie die Backingband einer Castingshow für Solosänger. Apropos Castingshow: Über weite Strecken ihres fünften Studioalbums klingen A Life Divided wie die Definition des dortigen Hardrock-Verständnisses. Tolle Posen, aber nichts dahinter außer Baukastensongwriting. Sunrise Avenue lassen grüßen ("Right Where I Belong").

Die alles überdeckende Sauce aus penetrant simplen Drumbeats und Kleistersynthies ersticken die meisten Stücke schon im Keim. Lala-Faktor kommt in Songs wie "Own Mistake" noch hinzu. Und das ganz ohne "La la la" im Text. Erst kurz vor Schluss bricht Sänger Jürgen Plangger aus dem Pop Rock-Korsett aus und begibt sich mit Shouts in seichte Core-Gefilde. Steht ihm gut. Nur leider wiederholt er seine so vorgetragenen zwei Worte ein wenig zu oft, um noch zwingend zu klingen. Immerhin kann das nachfolgende Solo was.

Im eben Beschriebenen liegt das Hauptproblem der Scheibe. Würden A Life Divided die Heavy-Schiene, die sie mit ihren Eröffnungen immer wieder anpeilen, einfach mal durchhalten, statt sie nach wenigen Sekunden schon wieder auf Eis zu legen, wären da tatsächlich einige coole Songs drin gewesen. Das "Believe"-Riff zum Beispiel hätte zum echten Kracher avancieren können. Die ohnehin fette Produktion stünde dem auch ganz bestimmt nicht im Weg. Nur mit Gefälligkeitsparolen im Alternative-Schmonzgewand á la "Is there anybody there?" reißt man nicht unbedingt ein Metalbrett runter.

Ähnlich ergeht es "Just Nothing". Die Band legt metallisch los, gibt kurz darauf aber Entwarnung: Schlabber-Schlibbel-Pseudolauer in der Strophe. Im Refrain darf der DJ dann wieder nach Lust und Laune seine Stereotypenregler drehen und Korl Fuhrmann sein hier zelebriertes Showoff-Stadiondrumming fortsetzen. Plangger dazu: "I don't know what it's like to feel just nothing". Hör dir mal deine eigene Musik an, vielleicht hilft's. Lass mal die Sau raus! Das Zeug dazu ist ohne Frage vorhanden.

Erst bei "Live Forever" macht's klick. Hier ergibt die betonte Einfachheit endlich mal Sinn. Schlagzeug und Bass verbinden sich zu einem coolen Groovefundament. Und auch die Synthies tragen mit zurückhaltendem Gewaber diesmal zum Gelingen bei anstatt einfach alles unter sich zu begraben. Die nachfolgende Ballade "Lay Me Down" geht ebenso in Ordnung. Kitschfrei und trotzdem händeschwenktauglich funktioniert eben doch. Am Ende packen die Gitarren noch eine nette Harmonie aus, die man ruhig noch ein wenig hätte ausbauen können.

Der Rettungsansatz kommt allerdings etwas spät. Nach dem anschließenden "Happy End" ist nämlich Feierabend. Und Zeilen wie "I did feel you / I adored you / I believed you" machen's nicht unbedingt besser. So scheitert "Human" an fast schon zwanghaften Anbiederungsversuchen und lässt zweifellos vorhandenes Potenzial liegen. Nächstes Mal sollten sich A Life Divided vielleicht eher auf die härteren Elemente ihres Sounds konzentrieren und diese sich entwickeln lassen, statt sie mit Trivialchartrock zu erwürgen, sobald sie drohen die Überhand zu gewinnen.

Trackliste

  1. 1. Burst
  2. 2. The Most Beautiful Black
  3. 3. Inside Me
  4. 4. Own Mistake
  5. 5. Right Where I Belong
  6. 6. Just Nothing
  7. 7. Could You
  8. 8. Drive
  9. 9. My Apology
  10. 10. Believe
  11. 11. Live Forever
  12. 12. Lay Me Down
  13. 13. Happy End

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Gitarrist Tony Berger und Keyboarder und Gitarrist Erik Damköhler beginnen Anfang 2002, an einem Progressive Rock-Projekt namens Cydonian zu basteln.

1 Kommentar mit 5 Antworten

  • Vor 3 Jahren

    Sorry, liebe Laut.de-Redaktion, aber dieses geile Teil mit nur zwei Punkten abzukanzeln, zeugt nicht gerade von Musiksachverstand. Mir ist in den letzten Jahren - vielleicht mit Ausnahme der letzten Insomnium- und Amorphis-Scheiben - kein anderes Album untergekommen, dass so vor Ohrwürmern gestrotzt hätte. Mit diesem Verriss disqualifiziert Ihr Euch vom Feinsten, Geschmackssache hin oder her!

    • Vor 3 Jahren

      "Mit diesem Verriss disqualifiziert Ihr Euch vom Feinsten, Geschmackssache hin oder her!"

      Warum?

    • Vor 3 Jahren

      Weil hier eine junge aufstrebende Band mit viel Potential ungerechtfertigt zerhackstückt wird. Bei dieser Rezension frage ich mich, ob der Herr Berger da gerade kurz vorm Feierabend stand und nur noch nach Hause wollte - und deshalb einfach mal schnell ein paar Sekunden in jeden Song reingehört hat, ohne die teilweise genialen eingängigen Melodien auf sich wirken zu lassen. Bezeichnenderweise kommt kein Wort zu drei der eingängigsten Tracks der ganzen Scheibe ("Burst", "The Most Beautiful Black" und "Inside Me", wobei letzteres noch mehr heraussticht). "Could You" ist ein Song, bei dem Chris Jericho mit seiner Band Fozzy ("Judas") sich teilweise den Refrain entlehnt zu haben scheint.

      Der Rezensent meint hier mit ulkigen Formulierungen auf Kosten einer tollen Truppe punkten zu können. Dabei erkennt er nicht einmal, dass A Life Divided sich nicht in eine Linkin Park Schublade pressen lassen, auch wenn der Vergleich immer krampfhaft hergestellt wird. Die ganze Rezension lässt so manchen Rückschluss zu, dass Herr Berger mit der Erwartung an die Scheibe ran ging, Linkin Park 2.0 zu hören. Das sind A Life Divided aber nicht! Von einer Redaktion erwarte ich, dass sie unvoreingenommen an neue Alben herangeht. Das sehe ich in diesem Verriss aber nicht ansatzweise.

      BTW: Dass ich mit meiner Meinung nicht allein dastehe, zeigt die erhebliche Diskrepanz zwischen Redaktionswertung (2 Sterne) und Leserwertung (5 Sterne). Sollte einem zu denken geben...

    • Vor 3 Jahren

      Spricht Bände, wa?

    • Vor 3 Jahren

      "Sollte einem zu denken geben..."

      Total. Hat der Rezensent doch glatt ne andere Meinung als die Fans(!) der Band, die offensichtlich für die Leserwertungen verantwortlich sind...!

      Ich verstehe immer noch nicht, wie Menschen das Konzept "Rezension" nicht raffen können. :lol:

    • Vor 3 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.