laut.de-Kritik
Früher offene Feuerstelle - heute Elektrogrill
Review von Deborah KatonaWäre das Cover von AFIs Album "Crash Love" nicht in schwarz-gelb-braun sondern weiß-rosa-hellblau gehalten – es könnte ein Albumcover für popaffine Mädchen sein. Ziemlich kitschig kommt das aus Draht gebogene Herz, in dessen Mitte in geschwungenen Lettern "Crash" steht.
Waren es früher noch Schiffe auf hoher See ("Black Sails In The Sunset") oder diabolische Hasen ("December Underground") leuchtet uns nun dieser Liebesbeweis entgegen.
Nun gut, erst mal keine voreiligen Schlüsse ziehen. Zumal das Label der Band angibt, "Crash Love" sei "so tight und direkt wie nie zuvor". Was das für die ehemalige Hardcore-Punkband aus Kalifornien bedeutet? Der dreckige Sound ist weg – im Mittelpunkt steht eine zum Cover passende glatte Produktion.
"Crash Love" beginnt noch recht düster. Typisches Gitarren-Schlagzeug-Intro, Sänger Davey Havok schreit herzzerreißend, das Gitarren-Schlagzeug-Ding geht weiter. Doch bereits hier wundert man sich: Was ist bloß mit Havoks Stimme passiert?
Er erinnert an Dredgs Gavin Hayes, der für perfekte Stimmorganbeherrschung bekannt ist. Fast schon weich klingt Havok, baut Vibrato ein und überschlägt gekonnt die Töne. Dasselbe Bild bei "Beautiful Thieves", das noch ruhiger ist als der Einstieg. Die Dredg-Imitation in den Strophen erreicht hier geradezu Perfektion.
Schreien möchte man bei "Too Shy To Scream": Flottes Tempo, Synthie-Klatscheinsätze - AFI machen einen schrecklichen Ausflug in den Pop und gesellen sich dort zu Kollegen wie Green Day und The Offspring.
Sehr gelungen ist dagegen "Veronica Sawyer Smokes" - obwohl ebenfalls vom poppigen Schlag geprägt. Die Drums treiben stetig voran, der zweistimmige Chorus komplettiert den Lobgesang. Balladenhafte Züge gibt es mit "Okay, I Feel Better Now", das dank der Dynamik des stetig zunehmenden Drumeinsatzes nicht langweilt. Ungewöhnlich bleibt, wie sehr die Band in Richtung Pop tendiert.
Gegen Ende der Platte finden AFI trotzdem wieder zu alter Form zurück ("Medicate", "I Am Trying Very Hard To Be Here", "Sacrilege"). Richtig gelungen ist "Darling, I Want To Destroy You", dessen Refrain zwar von Fall Out Boy abgekupfert scheint,sich als Singleauskopplung aber sicher nicht schlecht macht.
AFI – A Fire Inside. Dieses Feuer brennt nicht mehr so lichterloh wie zu Beginn der inzwischen 18-jährigen Karriere. Die Flamme lodert kontrollierter und weniger kämpferisch. Um im Bild zu bleiben: früher offene Feuerstelle – jetzt Elektrogrill. Beides macht das Fleisch zwar gar, aber besser schmeckts halt vom offenen Feuer.
"Wir haben das Album gemacht, mit dem wir immer in Erinnerung bleiben werden", finden AFI. Es ist eine passable Platte, okay - aber das schrecklichste Cover ihrer Laufbahn. Bitte nicht damit.
13 Kommentare
das cover naja ist wirklich nicht gelungen^^ ich werd mal reinhören ma schaun
"Beides macht das Fleisch zwar gar, aber besser schmeckts halt vom offenen Feuer"
Super Satz in einer Review über eine vegane/vegetarische Band.
Ja schon klar, dumm wenn man die Band nicht richtig kennt.
sing the sorrow ist genial. danach gings bergab.
Das Cover ist hässlich, das was drinnen ist aber verdammt geil. besonders Höhepunkt im Moment Medicate... AFI haben sich zwar musikalisch verändert, aber nicht unbedingt schlecht!
@scumsurfer (« dann schau dir mal das cover der neuen emil bulls an. »):
Ja, gerade gesehen. Was ist denn daran so schwer, ein einigermaßen vernünftiges Cover in die Welt zu setzen? Das stilisierte Herz von Crash Love ist einfach nur peinlich, das ist nicht einmal subjektiv. Decemberunderground fand ich dagegen wiederum stylisch.
Ich kann mich nur wiederholen: das Cover ist klasse! Selbst wenn die Mucke Mist wäre (was sie ja nicht ist), würde sich der Kauf des Albums alleine schon wegen des Covers lohnen. Ähnlich wie in einem 3D-Bild kann man darin versinken!