laut.de-Kritik
"So müssen die Songs klingen, die man für seine Brüder schreibt".
Review von Robin Schmidt"Mein Bruder was ist das für ein Beat, ich bin im Studio am arbeiten / Nach diesem Album sind sie im Studio Amar biten": Amar eröffnet mit dem "Intro" seine persönlichen Festspiele auf einem nach vorne peitschenden Beat mit viel Druck, aber auch der nötigen Coolness in der Stimme.
Von Beginn an sprudeln jene Anlagen aus ihm heraus, die ihn in der Vergangenheit zu einem Großen der Rap-Szene hätten glorifizieren können. Dass Amar dieser Aufstieg bis dato nicht vergönnt war, liegt zweifelsohne auch an einer mehrjährigen Haftstrafe, die er bis 2015 absitzen musste.
Drei Jahre später heißt es jetzt also: "Erst Straße Dann Rap". Ein Albumtitel, der aufgrund seiner Situation wie die Faust aufs Auge passt. Das ehemalige Optik Records-Member ist vor dem straighten Weg in Richtung Studio noch einige Male links und rechts abgebogen und hat dabei "Alles gemacht von Pizza fahren bis Döner schneiden / Hasch ticken, im Knast sitzen mit bösen Leuten".
Sein Markenkern aus variablen Flows, feinster Technik und einer ignoranten Rap-Attitüde ist dabei zwischen Pizzaschachtel und grauen Gefängnismauern nicht auf der Strecke geblieben. In "ESDR", "N.M.N" oder "I.N.A" zum Beispiel verpackt er diese Eigenschaften gekonnt dynamisch auf für ihn gewohnt oldschool-lastigen Instrumentals.
"I.N.A" ist der klassische Ich-bin/kann-immer-noch-Track, den man in der Vita von sämtlichen Helden der alten Schule oder denen, die sich dafür halten, zuhauf findet. Amar sei ein solcher Song aber in jedem Fall mehr als zugestanden. MoTrip unterstützt das Klassentreffen an dieser Stelle mit einigen hörenswerten Punchlines: "Ich gehöre zur Elite, Partner, denn ich bring Singles mit Niveau".
Was die Feature-Auswahl betrifft, hat sich Amar ohnehin nicht lumpen lassen und bittet alte Weggefährten sowie neuere Kollegen, einen Part für den gebürtigen Rumänen beizusteuern.
So erfahren wir in 50/50 mit Ercandize das gut gehütete Geheimnis des Straßenkodex: "Wer nicht teilt, ist ne Fotze!". Lakman, Savas und Amar hingegen halten einen Track für Hater und Neider parat und verdeutlichen mit einem Fingerzeig ihre ausdauernden Karrieren: "Amargeddon ruled, 16 Bars Natron / Fühl' mich wie ein Stuhl, denn ich muss mit jedem Arsch klarkomm'".
Doch auch neuen Einflüssen verschließt sich Amar nicht. So überrascht der Rapper in seiner ersten Singleauskopplung "Monkey D Ruffy" mit Trap und Autotune. Der Songtitel und das Thema ist dabei wieder ein Querverweis auf Amars bisheriges Leben. Monkey D Ruffy, der Hauptcharakter einer japanischen Manga-Serie, agiert wie ein Lebemann. Sein Ansinnen es ist, König der Piraten zu werden.
Azad und Yonii übertragen den begonnenen Vibe gleich im Anschluss daran in "Sayajins" auf ihre Zeilen. Musikalisch bewegt sich "Erst Straße Dann Rap" irgendwo zwischen wummerndem wuchtigen Boom Bap-Sound und melodischer Experimentierfreudigkeit. Vielfalt ist also garantiert.
Neben dem üblichen Gespitte gibt uns Amar aber auch Einblicke in sein Seelenleben. In "Schlitzohr" reflektiert er seine Kindheit und Jugend, in der er immer wieder Scheiße verzapft hat und "Mama weinte, Papa schreite". Seinen Knastaufenthalt verarbeitet er im Song "Aus Meiner Brust", bevor er uns dann am Ende mit der Kopf-hoch-Hymne "Ciao Ciao" entlässt.
Amar liefert mit "Erst Straße Dann Rap" ein ziemlich abwechslungsreiches Werk ab, das man gut am Stück durchhören kann. Er lebt den Hip Hop und konzentriert sich auf seine technischen Stärken, ohne dabei im Gesamtkonstrukt verkrampft zu wirken. Oder wie Amar schon im "Intro" treffend feststellt: "So müssen die Songs klingen, die man für seine Brüder schreibt".
3 Kommentare mit 2 Antworten
"Nach diesem Album sind sie im Studio Amar byten"
Es heißt "biten"....
4/5 Punkte, obwohl hier ein Xavier Naidoo-Feature drauf ist... wie passt das denn zusammen?
Eigentlich 5/5, aber für den Xer 1 Punkt Abzug, sollte klar sein.
Der Kerl ist aber kein 5/5-Rapper, von daher passt das nicht... Genosse droque hat das weiter unten schon ganz gut eingeschätzt, glaube ich.
1/5 für's Amar sein. Stockschläge für die feats.