laut.de-Kritik
Das Beste, was Rap zu bieten hat: Gehalt, Skills und Beats.
Review von Dani Fromm"Amewu, Mann, was ist mit deinem Album?" Eine Frage, die angesichts der Tatsache, dass sich der Mann bereits seit zehn Jahren doubletime quer durch die Berliner Freestyle-, Grime- und Dubstep-Szenen rappt, schon mal gestattet sein muss.
Zumal der Beschuldigte sie persönlich aufwirft - und gleich selbst beantwortet: "Ich hab' mir Zeit gelassen, hab' es reifen lassen / Okay, ich gebs ja zu, ich habs auch schleifen lassen." Konfrontiert mit dem Resultat bleiben einem Vorwürfe jedoch im Halse stecken.
Amewu leistet "Entwicklungshilfe" der edelsten Sorte, vereint in seinem Debüt die besten Aspekte, die Rap zu bieten hat: Gehalt, Technik und ebenso ansprechende wie ungewöhnliche Beats. Für letztere sorgt eine Hand voll Produzenten, die den gängigen Hörgewohnheiten gegenüber erfrischende Gleichgültigkeit an den Tag legen.
Auf Squils unwirklich waberndes, gedehntes "Intro" kracht das nüchterne Hämmern der "Maschine", dem Acht zusätzlich sirupartig tropfende Bässe verpasst. Ebenfalls von Acht, diesmal etwas dicker aufgetragen: die Streicher in "Universelle".
Labelkollege Zenit garniert den Chorus von "Viele Rapper" mit wohl gesetzten Bläsern. Mit Chaosfaktor an den Reglern knarrt, knarzt und klackert es: Die "Finsternis" streckt die Fühler in Richtung Drum'n'Bass aus, während an anderen Stellen perlende Saitenspielereien, Piano, Drums oder Flötentöne unterkommen.
"Ich spucke die Wörter auf den Takt und bitte die Beats sie zu tragen", heißt es in "Freak". Die Instrumentals erfüllen diesen Wunsch durchgehend, illustrieren die Texte durch musikalische Umsetzung des Gesagten und kippen dabei immer wieder aus dem vertrauten Rahmen des Üblichen.
Trotz des Detailreichtums geht es vielerorts reduziert, zuweilen gar minimalistisch zu. Kleine Einsätze erzielen eindrucksvolle Wirkung, entfalten sich zu betörend atmosphärischem Beiwerk für einen MC, der nicht nur eine Menge zu erzählen, sondern zudem die seltene Fähigkeit besitzt, seine Themen adäquat zu verpacken.
Auch, wenn er mit harscher Kritik an der Kollegenschaft ("Viele Rapper", "Get Rich" oder "Image") nicht hinter dem Berg hält: Statt eines mahnend erhobenen Zeigefingers demonstriert Amewu Scharfsinn und Beobachtungsgabe. Die richtet sich oft genug auch ins eigene Innenleben, ohne dabei in transusige Melancholie abzugleiten.
Dem schiebt allein schon die beachtliche Technik einen Riegel vor: In atemberaubender Geschwindigkeit rattert sich der Berliner mit gelegentlicher Unterstützung durch Team Avantgarde, Wakka, DJ Werd oder Chefket durch wortreich aufgespannte Szenarien, präsentiert sich als "Maschine", als "Freak", als Dauergast im "Land Der Freshness", schlicht: als Toprapper.
Dass sein Vortrag, der jagenden Geschwindigkeit geschuldet, gelegentlich ein wenig monoton, die Angelegenheit auf Longplayer-Dauer stellenweise etwas ermüdend gerät: nur ein kleiner Abstrich im exzellenten Gesamtbild, das "Wasauchimmer" um die Ahnung bereichert, dass sich Amewus Fertigkeiten keineswegs im Studio erschöpfen: Nö, der bringt das auch auf der Bühne - genau so.
110 Kommentare
Vorfreude des Jahres!
vorfreude des jahres ist fabio
m0wl!
Amewu wird der Knüller des Jahres.
Ich hingegen find, dass es hier etwas zu gut wegkommt.
Er kanns schon, Beats passen auch, aber mir ist das hie und da zu weinerlich.
Ein perfektes Rapalbum. Aufbau, Lyrik, Technik, Flow, Stimmlich und vor allem Konzepttechnisch, perfekt durchdacht. Für jeden wahren Deutschrap Hörer, ein wahrer Geheimtipp.
Es sollte viel mehr Rapper wie ihn geben