laut.de-Kritik
Geballte Rock-Power fräst frohgemut die Schädeldecke auf.
Review von Alexander CordasAmplifier zum zweiten. Nach ihrem grandiosen Debüt hegen wohl nicht wenige Erdenbewohner die Hoffnung, dass der Dreier aus Manchester mit einem ähnlich geniastischem Werk um die Ecke stürmt. Um es kurz zu sagen: Mission erfüllt. Zumindest was das 'ähnlich' betrifft.
So richtig am Lack des Erstlings kratzt "Insider" nicht, was fast abzusehen war. Dennoch haben Sel Balamir und seine Mitstreiter wieder ein überaus amtliches Album geschaffen. Die ganze Wucht der zwölf Songs kommt an einem verkaterten Morgen recht zerstörerisch, wie der Selbstversuch eindrucksvoll bewies. Die instrumentale Eröffnung "Gustav's Arrival" (wer zur Hölle ist das eigentlich?) bietet ein Faszinosum an Rhythmus- und Riffsport. So ein Einstieg nährt die Hoffung auf den Genuss von geballter Rock-Power.
Dem suchenden Hörer, der nach intelligenter Musik lechzt, legen die Engländer auch mit "O Fortuna" ein schmackhaftes Schnitzelchen vor. Die Befürchtung, die man angesichts des Titels hegt, hier würde sich einmal mehr die olle Carmina Burana im Rockmäntelchen einschleichen, bewahrheitet sich glücklicherweise nicht. Stattdessen qualifiziert sich Matt Brobin einmal mehr als exzellenter Schlagwerker. Sein akzentuiertes Drumming gefällt äußerst gut, selbst wenn die Abmischung des Snare-Sounds doch etwas flach daher kommt.
Im Vergleich zum Debüt spielen Amplifier vermehrt die Progrock-Karte aus. Was auf der EP "The Astronaut Dismantles Hal" noch vermehrt in die Hose ging funktioniert diesmal jedoch überwiegend. Mit Fortschreiten der Trackliste legt das Trio zwar die eine oder andere Pause ein, was die Spannungskurve betrifft, aber als Gesamtpaket "Insider" geht klar als Gewinner durchs Ziel.
Für die Frickel-Freaks unter der Hörerschaft halten die technischen Fähigkeiten der Musiker wieder einige Bonbons parat. Balamirs Klampfe kommt anno 2006 etwas weniger effektbeladen daher. Aktuell hat der Sänger/Gitarrist ein gestiegenes Bedürfnis am Mauern von Soundwänden aus phatten Gitarrenriffs. Dem steht Neil Mahoney mit stets treffend eingesetzten Salven aus dem Viersaiter in nichts nach. Immer wieder schön zu hören, wenn versierte Bassisten ihr Instrument abseits des Erwartbaren einsetzen.
Ausgetüfteltere Songstrukturen erleichtern das Hörvergnügen nicht unbedingt. Wer sich jedoch gern frohgemut die Schädeldecke auffräsen lässt, darf sich mit einem seligen Grinsen ein wenig Acid in die Hirnmasse rühren lassen. So ungefähr kommt man sich nämlich nach der fast einstündigen Berg- und Talfahrt vor. Das schlaucht ganz sicher. Deshalb mag das sonische Erlebnis "Insider" womöglich auch kein Fall für den alltäglichen Gebrauch sein. Gegenüber Mucker-Extasen à la Mars Volta klingen Amplifier jedoch nach wie vor sehr kompakt und straight.
8 Kommentare
hammergeiles album=)
o fortuna unbedingt anhörn!!!
Ja, die läuft bei mir in den letzten Tagen auch mal wieder rauf und runter. Sehr gute Platte, aber das Debüt war noch besser. Bei der "Insider" fehlt ein bisschen das Spiel mit der Dynamik, hier gibt's ja eigentlich durchgehend auf die Zwölf.
Mir immer noch unverständlich, warum Amplifier nicht bekannter sind.
In der Tat, verstehe es auch nicht.
Hatte bisher noch nicht die ehre das Debüt zu hören aber "Insider" ist ein Schmückstück einer jeden Plattensammlung.
@Daniel (« Ja, da gebe ich euch Recht. Jetzt erst entdeckt, was eine Power!
»):
hast du damals etwa nicht die legendäre "laut.barely legal"-cd gehört? da hatte ich schon ein stück drauf.
neue scheibe müsste bald rauskommen, übrigens. sollten eigentlich zwei alben werden, jetzt machen sie aber wohl doch ein doppelalbum.
ja, hattest du schon mal angekündigt. (http://forum.laut.de/viewtopic.php?t=33282…)
nehmen sich aber ganz schön viel zeit.
wenn das resultat stimmt, soll's mir recht sein.