laut.de-Kritik
Conrad Keely und Co. sind mal wieder ziemlich angepisst.
Review von Kai Butterweck"Die Musik auf 'Lost Songs' wurde teilweise inspiriert durch die Teilnahmslosigkeit gegenüber der realen Welt, die die unabhängige Musikszene nun schon seit über einer Dekade prägt", heißt es in der kompakten Presseinfo zum neuen Album von And You Will Know Us By The Trail Of Dead.
Conrad Keely und Co. sind mal wieder ziemlich angepisst. In einer düsteren Straßen-Schlucht stehend, türmen sich hinter den vier Protagonisten apokalyptische Industrieschlote auf und verdunkeln den Horizont mit dicken Rauchschwaden. Das abermals von Keely entworfene Coverartwork spricht Bände. Die erhobenen Zeigefinger der Amerikaner werden immer dicker. Songs über den syrischen Bürgerkrieg ("Up To Infinity"), überprivilegierte Generationen ("Catatonic") und besessene Hobbyfotografen ("Pinhole Cameras") duellieren sich mit Game Of Thrones-Visionen ("A Place To Rest") und koreanischen Kartenspielregeln ("Flower Card Games").
Wirr und komplex ging es schon immer zu im Hause AYWKUBTTOD. Doch während in der Vergangenheit fundamentalkritischen Inhalten ein musikalischer Progressiv-Vorschlaghammer zur Seite gestellt wurde, behilft man sich anno 2012 eher mit ungewohnt strukturierten Klängen. Das ändert aber nichts an der Urgewalt des Sounds der Mannen aus Pano, Texas - lediglich die Fahrtrichtung wurde geändert. Statt permanenter Abbiegemanöver, geht es auf "Lost Songs" primär geradeaus.
Bereits der Einsteiger "Open Doors" beeindruckt mit homogenem Songwriting und klarer Zielrichtung. Trotz scheppernder Becken, satten Gitarrenwänden und einem emsig nach Atem schnappenden Keely an vorderster Front, bleibt das wilde Treiben in der Spur. Mit schnodderiger Punk-Essenz krachen Songs wie "Pinhole Cameras", "Up To Infinity" und "Catatonic" um die Ecke, während niederwalzende Infernos à la "Opera Obscura" oder "A Place To Rest" Erinnerungen an alte Zeiten wecken.
Innegehalten wird nur selten. Zwar pausiert die kompakte Klangmasse ab und an und lässt Delay getränkten Gitarrenthemen den Vortritt, doch die Ruhe trügt. Schneller als man gucken kann begeben sich die vier ekstatischen Verantwortlichen wieder auf die angestammten Plätze und feuern aus allen Rohren. Lediglich das an Mogwai erinnernde "Awestruck" und der herrlich eingängige Titeltrack verschaffen dem Vierer etwas Zeit zum Nachladen.
Klar definiert und dennoch voller Vielfalt: And You Will Know Us By The Trail Of Dead präsentieren mit "Lost Songs" ein fulminantes Sound-Feuerwerk und schieben sich damit kurz vor Toresschluss noch an dem einen oder anderen Album-des-Jahres-Kandidaten vorbei.
4 Kommentare
Ja die Eingängikeit ist mal wieder im Eimer...auf Tao of the Dead konnte mann noch fleißig mitwippen aber das ist jetzt dem bösen Blut gewichen. Raue Gitarren und durch Jason ab und zu auch mehr Screamo-Einlagen. Doch die Kunst ist hier die Balance zu finden, was wirklich mehr als gelungen ist. Denn Jammen das können sie alle in der Band, denn jeder von Ihnen darf und möchte gern mal den Platz tauschen. Wer also die etwas gebremmste Dynamik beim Vorgänger vermisst hat, kann hier wieder aus dem Vollen schöpfen. Man kann sich auf den Output dieser Band einfach verlassen...volle Punktzahl von mir
Einfach mitten in die Fresse!
Es fühlt sich so herrlich an.
5/5
tao fand ich besser!
Völlig deiner Meinung.@speedymcs (« tao fand ich besser! »):