laut.de-Kritik
Allmachtsfantasien eines schunkelnden Homelanders.
Review von Dominik LippeGut, vielleicht ist er nicht ganz so meschugge wie Michael Wendler. Doch auch Bernhard Brink kennt den populistischen Reflex. "Die Elite hat die Politik verlassen. Wir haben heute Amateure, die keine Ausbildung haben. Die wollen uns erzählen, wie wir zu leben haben", klagte er etwa bei "3 nach 9". Und auch in seiner streckenweise irrwitzigen Selbstüberhöhung gleicht er dem Meme-Musiker. Mehr als 50 Jahre nach seinem Karrierestart begebe er sich mit "Stärker Als Die Ewigkeit" "voller Abenteuerlust in unbekannte Galaxien" und lasse "sich dabei nicht einmal vom Himmel aufhalten", hieß es im Vorfeld.
"Ich bin nur ein Mann, der eins sicher weiß, dass er eigentlich gar nichts weiß", singt er eröffnend mit gespieltem Kleinmut. Dazu erklingt eine Akustikgitarre als Ausdruck seiner Bescheidenheit. Schon im Verlauf der ersten Strophe schwindet Brinks Widerstand gegen die eigene Präpotenz, sodass er sich zusehends "wie ein Held" fühlt. "Für dich bin ich schneller als das Licht. Ich bewege Raum und Zeit für dich. Nicht einmal der Himmel hält mich auf", aktiviert er seinen inneren Superman, selbst wenn ihn die zuhörenden Normalsterblichen eher als schunkelnde Variante Homelanders betrachten.
"Gefühle kennen keine Zeit", berichtet Bernhard Brink im Titelsong. Seine Superkräfte speisen sich aus der Zuneigung zur Liebsten. "Wir sind stärker als die Ewigkeit" und "von jeglicher Angst befreit", singt der Schlagerbarde mit breiter Brust. Es geht "in eine neue Dimension" - und darüber hinaus. "In einer anderen Wirklichkeit hab' ich dich schon geliebt", spinnt sich Peter Pathos sein ganz persönliches Multiverse zusammen, in dem sich diverse Schlager-Man tummeln. Unterdessen rast im weit entfernten Hintergrund Sirenengesang durch den vierdimensionalen Raum.
Hervorragendes Timing beweist Brink mit "So Wie Major Tom". Peter Schillings Hit entwickelt sich immerhin gerade bei der Fußball-Europameisterschaft zur Torhymne der DFB-Elf. "Wie Major Tom schweben wir davon, auf in unbekannte Galaxien", heißt es im bewährten Heldenmodus, "Unser Raumschiff wartet schon. Wir ergeben uns der Macht der Fantasie." Gefolgt von den fantasielosesten Synthies aller Zeiten. In "Dein Schrei Nach Liebe" reduziert er seine Hyperpotenz ein wenig, kann aber trotzdem kaum an sich halten: "Sag' mir, wie weit darf ich gehen? Ich würd' dir so gern' den Atem nehm'."
Die zweite Albumhälfte setzt sich aus Coverversionen zusammen. Brink erweist Milva ("Hurra Wir Leben Noch"), Daliah Lavi ("Wär' Ich Ein Buch"), Benny Neyman ("Dann Ruf Ich Wieder Deinen Namen") und Lars Berghagen ("Es War Einmal Eine Gitarre") leidlich die Ehre. Udo Jürgens' Hoffnungsmacher "Immer Wieder Geht Die Sonne Auf" überzieht er mit Plastik bis es weniger wahrhaftig klingt als in Flers Bearbeitung auf "Trendsetter". Und das stille "Mike Und Sein Freund" von Bernd Clüver, einst wegen der homosexuellen Liebesgeschichte aus der ZDF-Hitparade verbannt, erhält Stadionatmosphäre.
"Der Schlagertitan singt bekannte Lieder von Kollegen nach und das haben wir in einer sehr hübschen Form gemacht, wie ich finde", hatte Bernhard Brink vorab Schlagerpuls in der Wendler'schen dritten Person verraten. Zusammen mit Felix Gauder, dem Produzenten der Neuinterpretationen, erfüllt er zumindest eine Art Bildungsauftrag. Von seinen neuen, unter der Ägide Henning Verlages entstandenen Stücke fällt die handelsübliche Schmalz-Nummer "Alles Von Dir" noch am erträglichsten aus. Ansonsten bietet der Brinkman nur Allmachtsfantasien im Gewand gefühliger Liebesbekundungen.
4 Kommentare mit 3 Antworten
… "Sag' mir, wie weit darf ich gehen? Ich würd' dir so gern' den Atem nehm'…
Michael Hutchence würde es mögen.
Ich konnte das neue Album am Wochenende erstmals beim Ausritt und anschließend auf der Heimfahrt im offenen Cabrio hören. Bernhard verbeitet auch in seinem fortgeschrittenen Alter ein Gefühl von Freiheit, Abtenteuerlust und Sehnsucht, das in Deutschland seinesgleichen sucht. Weiter so Berni! Wir sehen uns am Neuendorfer See!
Recht guter Gimmick-Account, ich hoffe da kommt noch mehr. Leider noch kein Heinz Fischer(?)-Level.
Heinz vermisse ich gelegentlich noch... :'(
mmhh, Burger.
Er sollte noch an seinem Doubletime arbeiten.
Musik für Menschen die sich "Ich - Einfach unverbesserlich 4" anschauen