laut.de-Kritik

Wo Fever Ray und Bodi Bill sich gute Nacht sagen.

Review von

Bloodgroup werden in ihrer isländischen Heimat hoch geschätzt. Besonders dank ihrer treibenden Live-Shows haben sie sich einen bemerkenswerten Ruf im Land der Trolle und Elfen erspielt. Daraus resultiert ein ordentliches Ego.

Möglicherweise wächst daraus auch der Mut, sich in durchaus ungewöhnlichen Kombinationen querfeldein mit diversen Musikern zu vergleichen. So finden sich auf der einen Seite Islands Elektrospaßvögel von FM Belfast und auf der anderen Seite Karin Dreijer Anderssons Projekt Fever Ray, das an Düsternis und Intensität kaum zu überbieten ist. Die Kombination der Referenzen lässt aufmerken: Der Hedonismus von FM Belfast auf der einen Seite und die bleischweren Sounds Anderssons auf der anderen, wie geht das zusammen?

Bloodgroup wissen es auch nicht. Denn eines sei vorweg gesagt: Der Vergleich mit FM Belfast hinkt gewaltig. Größtenteils finden sich Bloodgroup vielmehr in einer tiefschwarzen Minimal-Elektropop-Ecke wieder. Fever Ray haut da also schon eher hin.

So bettelt der düstere Drumcomputer in "My Arms" förmlich um die einzigartige Stimme der Schwedin. Vergeblich natürlich, stattdessen wimmert ein Mann vorsichtig seine Silben. Die Andersson feat. Fenech-Soler? So oder so ähnlich klingt es, was der Opener darstellt. Aber es klingt gut.

"This Heart" verlässt die neblig-feuchte Klangwiese und überzeugt mit einem stolpernden Elektrobeat und der starken Stimme von Sängerin Lilja. Im Refrain bratzt das Keyboard, der Gesang schraubt sich in endlose Höhen. Der Track gehört auf die Tanze, wo sich Hipster zum clever und abwechslungsreich arrangierten Discobeat schütteln. Dazu singt Lilja: "These things I do they are no accidents / this city's eating up my innocence". Denn harmlose Wesen in selbstgestrickten Vintage-Pullis sind sie eh nicht, wie schon der Infotext zum Album klarstellt.

So klingt denn auch "Pro Choice". Da ist nichts von einer unschuldigen Blondine, die sich in Papis ausrangierte Knitwear kleidet. Eher sind wir nun bei den schwitzigen Live-Auftritten. Lasziv und einer Popmietze in den Strophen gefährlich nah, seufzt Lilja sich durch den zweiten treibenden Elektrotrack, der einem noch lange in den Ohren hängt. Zwei bemerkenswerte Ausnahmen, die angenehm aus dem atmosphärisch eher schweren Grundkonzept ausbrechen.

Denn häufiger finden sich Momente, in denen Bloodgroup mit den Grenzen des Wohlklangs spielen: Effekte aus B-Horror-Movies ("Battered") und den Kehlen leidender Katzen ("Overload") etwa. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Gold gibt's für die Spielerien dennoch nicht.

Bloodgroup verzerren und pitchen außerdem wie die Weltmeister, sodass eine Fever Ray manchmal nicht nur Pate zu stehen scheint ("Moonstone"). In deutschen Gefilden werden die Isländer sich einigen Bodi Bill-Vergleichen ausgesetzt sehen.

"Dry Land" ist nicht nur ein atmosphärisch dichtes und kreatives Werk geworden, sondern auch eines mit viel Zeitgeist. Den "Sargnagel für das ewige Oasis-Gedudel", den Kollege Dorner im letzten Bodi Bill-Album manifestiert sah, helfen Bloodgroup noch ein bisschen tiefer hinein zu hämmern.

Trackliste

  1. 1. My Arms
  2. 2. This Heart
  3. 3. Wars
  4. 4. How Do We Know
  5. 5. First To Go
  6. 6. Buried In Sand
  7. 7. Overload
  8. 8. Pro Choice
  9. 9. Moonstone
  10. 10. Battered
  11. 11. Dry Land

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