laut.de-Kritik
Der Herr der tausend Rap-Stimmen lädt ins Freudenhaus.
Review von Dani Fromm"Bleib du dir ruhig dein Leben lang treu, aber Hip Hop erfindet sich jeden Tag neu." Eine Zeile, mit der Blumio problemlos jeder Realness-Diskussion trotzt. Statt sich auf eine Debatte einzulassen, die sich selbst schon mindestens dreimal überholt hat, zeigt er: "So Geht Hip Hop Heute".
Ach, wäre diese Erkenntnis in einer in zu weiten Teilen zu verbiesterten Szene nur schon tiefer durchgedrungen! Es könnte so viel mehr Spaß machen. Mit seinem zweiten Album legt Blumio ein ebenso flammendes wie unterhaltsames Plädoyer für Toleranz, Lebensfreude, Freiheit und Fantasie hin, das seinem sonnigen Erstling in Nichts nachsteht.
Als Herr der tausend Rap-Stimmen profilierte er sich bereits früher. Im "Tokio Bordell" kommen Blumios mannigfaltige Talente bestens zum Einsatz. Er lässt die Perspektiven-Wechsel in "Eberhard" hörbar werden, gibt sich gewohnt überdreht, wenn es die Situation erfordert, aber auch gemäßigter - wie im Lovesong an Mutti, "Für Immer Mamas Liebling", oder im alkoholselig und weinerlichen "Der Ehrlichste Song Der Welt".
Wenn in "Blockbuster" rasende Eifersucht mit dem Protagonisten durchgeht, galoppieren die Reime, und das, obwohl "Sie Ist Nicht Du" eben noch in Besinnlichkeit schwelgte. Sich im Gesang zu versuchen, davor hat sich Blumio seit eh und je nicht gescheut. "Wie peinlich!", der Lieblingssatz der Deutschen - in seiner Welt ohne Belang. Stock ausm Arsch und damit die nervige Fliege erlegt!
Ebenso hemmungslos wie seine Ausdrucksmöglichkeiten wählt Blumio die Themen. "Wenn ich will, rapp' ich über Käsekuchen oder die Geschichte der Stadt Leverkusen" - so lange das so vergnüglich ausfällt, wie seine Ergüsse über Internetbekanntschaften ("Eberhard"), seine Horrorstorys über vernachlässigte imaginäre Freunde ("Hab Keine Angst") oder sein Gedankenexperiment einer homosexuell dominierten Gesellschaft ("Die Welt Ist Schwul"): nur zu.
Die eine ("Der Ehrlichste Song Der Welt") oder andere ("Sie Ist Nicht Du") Nummer hätte man vielleicht in kürzerer Zeit erzählen können. Und Sängerin Jessica Jean reißt mich nicht gerade vom Stuhl. Seltsam flach, ohne Tiefgang, bleibt ihre Darbietung.
Letztlich jedoch vernachlässigbare Kritikpunkte, denn zwischen Begrüßung, sentimentalem Abschied und einer Zugabe, die die Rapbarkeit des Japanischen unter Beweis stellt, steckt nicht nur technisch, sondern auch musikalisch jede Menge. Die Zusammenarbeit mit Leib- und Magen-Produzenten Don Tone zahlt sich auch diesmal voll aus. Er schustert Blumio und seiner Yellow Man Band feinstes Material auf die Astralleiber.
Die Beats unterstreichen und verstärken reale wie ersponnene Geschichten und sprühen zudem, wenn beispielsweise ausgerechnet ein Reggae-Groove "Die Welt Ist Schwul" begleitet, vor feinsinniger Ironie. Spätestens mit "Funkyzeit" löst Don Tone für Blumio und die ganze beteiligte Freakshow Tickets für George Clintons Mutterschiff.
Die edle, aufwändig gestaltete Verpackung mit Booklet und Textheftchen setzt dem Paket "Tokio Bordell" den Sahnetuff mit Kirsche auf. Nicht ohne Grund darf Blumio zufrieden feststellen: "Meine unangepasste, unangebrachte, dumm angemachte Mucke hat Erfolg." So geht eben Hip Hop heute.
37 Kommentare
Jawoll. Klasse Review Dani. Blumio ist so ziemlich der einzige Rapper, bei dem mir die skills piep-egal sind.
Ich find er legt aufs Yellow Albun mochmal ein großes Schüppchen dauf. Die bisherigen favs sind Eberhardt Die Welt Ist Schwul. Das Problem, das Blumio jetzt noch hat ist die Kurtzweiligkeit. Ich kann mir nicht vorstellen, das ich das Ding in 2 Monaten noch durchhören kann, ohne zu skippen.
Ich find den Junge auch großartig, aber ich hab das gleiche Problem wie mobeat. Eine Standup-CD höre ich mir auch nur zweimal an.
inhalt hin, konzepte her. aber früher wurde man für's biten abgestraft. ein rapper muss in erster linie einen eigenen flow haben. eigene patterns. und blumio klingt haargenau wie sido in sachen metrik, flow, betonung. was ja nicht mal erstrebenswert ist. da sind mir die inhalte ehrlich gesagt egal, weil ich die songs gar nicht solange aushalte. und vieles wirkt bemüht, was ich so gehört habe.
und der hier gepostete song ist mit der langweiligste und zweckgereimteste konzeptsong, den ich seit langem gehört habe. dazu steht die pointe schon nach 10 sekunden fest...gähn...
ich find schwule langweilig