Porträt

laut.de-Biographie

Bounty Killer

"Well this one reaching out to all the leaders and the media/Well this is Rodney Price aka Bounty Killer/The leader for Poor People Government!
Well poor people fed up to how yuh system sheg up/Yuh issue gun fi wi pickney bus/
Poor people fed up to how yuh system sheg up/Well everyday the ghetto youths dead up!"

Bounty Killer: Homosexuelle gegen Auftritt in Berlin
Bounty Killer Homosexuelle gegen Auftritt in Berlin
Der Lesben- und Schwulenverband fordert ein Auftrittsverbot für den jamaikanischen Musiker.
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Kaum einer im Dancehall-Geschäft nennt die Dinge so konsequent und offen beim Namen wie
Bounty Killer aka War Lord aka Poor People Governor. Und das bringt ihm schon seit Jahren den Respekt und die Hochachtung eines großen Teils seiner jamaikanischen Landsleute und der Dancehall-Massive ein.

Als Rodney Basil Price am 12. Juni 1972 in Riverton City geboren, kommt Bounty Killer direkt aus der Mitte der Ghettosufferers, aus den Niederungen von Downtown Kingston. Seine Jugend verlebt er in Seaview Gardens, einem Gebiet, das für seine Armut und seine Dichte an Pistoleros berühmt-berüchtigt ist und in dem die Auswirkungen einer seit jeher fehlschlagenden, korrupten jamaikanischen Politik grausam offensichtlich sind.
Schon früh beginnt er bei einem kleinen Soundsystem, das sein Vater betreibt, sich auf Dances das Mikro zu schnappen und die ersten Ansagen und Reime abzudrücken – früh übt sich, wer ein Killer werden will!

Später deejayt er unter anderem bei Stereo Two und Metromedia und zeigt recht schnell mit seinem losen Mundwerk und seinem Style, dass er ein außergewöhnliches Talent besitzt und das Zeug zu einem Großen hat. Als seine Vorbilder aus dieser Zeit bezeichnet er die Veteran-Deejays Brigadier Jerry und Ranking Joe. Noch nennt er sich Bounty Hunter.

Er beginnt mit seinen Freunden, den Sängern Boom Dandymite und Nitty Kutchie, am legendären King Jammy's Studio in Waterhouse herumzuhängen und seine Skills zu verbessern, bis er schließlich Uncle T, dem Bruder von King Jammys, auffällt und dieser ihn mit ins Studio nimmt. So entsteht 1990 seine erste Single "Guns must done" die noch unter dem Namen Bounty Hunter veröffentlicht wird.

Dies scheint die Initialzündung gewesen zu sein, Bounty geht ab, nennt sich Killer und haut den Tune "Dub Fi Dub" heraus der schon ordentlich zündet. Weitere Singles wie "Gunshot Fi Informer" oder "Champion" folgen, bis er mit "Spy Fi Die" auf John John seinen ersten richtigen Big Hit landet. Die ersten Alben werden veröffentlicht und die Karriere geht voran. Mit einer erstaunlichen Anzahl an Gun-Lyrics und seinen knüppelharten Live-Auftritten macht er seinem Namen alle Ehre und bricht in die Phalanx der beiden Dj-Giganten Shabba Ranks und Ninja Man ein, die mit ihren Battles zeitweise Jamaika auf den Kopf stellen.

Ein anderer, dessen Stern in den frühen Neunzigern ebenfalls aufgeht, ist Beenie Man. Der Kampf um die Deejay-Krone mit Bounty scheint vorprogrammiert, schließlich funkt es 1993 auf dem Sting-Festival, als es zwischen den beiden zu einem verbalen Hauen und Stechen der derberen Sorte kommt. Später schließen beide einen "Waffenstilstand" und bringen das gemeinsame Album "Guns Out" heraus, der Konflikt schwelt aber bis zum
heutigen Tag weiter. 1994 kommt das Album "Down In The Ghetto" auf den Markt, die gleichnamige Hitsingle wird zu einer Hymne bei den Ghettopeople: Er ist einer von ihnen und macht ihre Realität zum Thema seiner Texte.

Mittlerweile nicht mehr in King Jammy's Camp am Start, voicet er für verschiedene Produzenten Material und landet ein ums andere Mal einen Treffer ins Schwarze. Sein eigenes
Label "Pricele$$" entsteht, mittlerweile wird er zunehmend auch außerhalb von Jamaika von Reggae und Hip Hop-Heads hoch geschätzt. Noch immer geht er keiner Konfrontation aus dem Weg. Deejay-Kollegen wie etwa Merciless können im wahrsten Sinne des Wortes ein Lied davon singen. Wer derart notorisch am dissen ist und stets verbale Raufereien sucht, hat sich den Titel Warlord wahrlich verdient.

1996 schafft er mit "My X-Perience" den internationalen Durchbruch.
Kein Wunder, denn mit den Fugees, Busta Rhymes, Jeru The Damaja, Dennis Brown oder Barrington Levy hat er sich aus Hip-Hop und Reggae hochkalibrige Sparringspartner
ins Boot geholt, die das Album abwechlungsreich und für ein breiteres internationales Publikum interessant machen. Das Ergebnis: sechs Monate Platz eins der Reggae Billboard-Charts. Zwar gehen einigen Dancehall- und Reggaefans die Ausflüge in Hip-Hop-Gefilde zu weit, aber nachdem er mit Next Millenium 1998 nochmals "fremdgeht", kehrt er 1999 mit "5th Millenium" fast komplett zum härtesten Ragga zurück.

Jetzt wird wieder zu fetten Ragga- und Dancehall-Riddims sauber gegen Politiker vorgegangen und auch sonst alles zerlegt, was ihm stinkt. Das geht so weit, dass der fette Tune "Look" von den jamaikanischen Behörden auf den Index gesetzt wird, was ihm einmal mehr den Ruf des unbeugsamen Anwalts der kleinen Leute einbringt – The Poor People Governor! Mittlerweile hat er im Jahre 2002 gleich zwei Longplayer auf einen Streich vorgelegt, der Output des Killers ist auch heute noch ungebremst hoch. Da bleibt es nicht aus, dass auch schwächeres Songmaterial dabei ist.

Various Artists - The Good, The Bad & The Blazing
Various Artists The Good, The Bad & The Blazing
Stilistische Vielfalt von der ersten Reggae-Liga.
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Nach dem Release seiner 2002er Alben wird es ruhiger um Bounty Killer. Zwar taucht er immer wieder auf Compilations auf, ein neues Album lässt aber noch auf sich warten. 2005 teilt er sich mit Capleton und Junior Kelly das Split-Album "The Good, The Bad & The Blazing".

Der schnell hochgejazzte Artist stürzt tief, als ihn die europäische Debatte um Homophobie in Dancehall-Texten einholt, die auch anderen Artists wie Elephant Man, T.O.K. oder Shabba Ranks mehr oder weniger selbst verschuldet die Karriere absägt. Denn gerade in der EU und der Schweiz wartet eigentlich ein großer Markt für Auftritte. Bounty Killer distanziert sich nicht von kritisierten Textzeilen, er führt sie weiter munter und trotz Protesten auf.

Konsequent wird er im Zeitraum von 2004 bis 2008 auch von Konzertveranstaltern ausgeladen. Nachdem bereits etliche Shows in Europa gecancelt sind, erlässt die Bundesregierung ein Einreiseverbot für den Schengen-Raum. Der Bundestag stützt sich in einer Recherche vor allem auf die Zeilen "You know we need no promo / to rub out dem homo (...) We blaze it for yuh stinky chi chi man and parasite", die in "Man A Badman" auf dem Album "Ghetto Dictionary: The Art Of War" deutlich zu Ausgrenzung und Gewalt aufrufen, namentlich dazu, Homosexuelle zu verbrennen.

Weil Politik kompliziert und zuweilen nicht konsequent ist, bleibt die CD im Handel, während die früheren Alben "Next Millenium" und "The 5th Element" als verfassungsgefährdende Inhalte indiziert und für den Handel gesperrt werden. Manche Plattenvertriebe und -händler entscheiden sich, auch weitere Scheibe aus dem Sortiment zu nehmen, so dass etwa auf Amazon die Produkte kaum noch oder gar nicht mehr oder nur in gebrauchten Marketplace-Einzelstücken zu absurd hohen Preisen zu finden sind.

Allgemein ist eine große Unsicherheit im Umgang mit Bounty Killer zu erkkenen. Öl ins Feuer gießt er selbst, indem er wiederholt brutaler Gewaltdelikte bezichtigt wird und sich nicht im Mindesten die Mühe macht, die Vorwürfe zu entkräften. Auch krasse Verkehrsdelikte reihen sich ein.

Veröffentlichungen folgen dagegen kaum noch. Ab und an droppt Bounty noch ein paar Zeilen auf Kollabo-Tunes. Dabei hält zum Beispiel das Madhouse-Label von Shaggys Kumpel Dave Kelly eine Zeitlang an der Zusammenarbeit fest. Ab 2013 ist dann so ziemlich Sense. Nachdem bei Roc Nation Entertaiment im Zuge der Homophobie-Vorwürfe bereits Mavado untergetaucht ist, ohne allerdings Material zu releasen, knüpft Bountys Pendant Buju Banton nach seiner langjährigen Haftstrafe für einen Neuanfang Kontakte. Im zeitlichen Umfeld zu seinem 50. Geburtstag wird Bounty Killer 2021/22 wieder ein Thema. Er kündigt eine Doppel-CD namens "King Of Kingston" mit 35 Tracks und 36 Gästen an.

Würde diese so erscheinen, würde die Tatsache, dass quer durchs Who's Who der jamaikanischen VIPs extrem viele Artists mit ihm kooperieren würden, die Gretchenfrage aufwerfen, ob man sich mit dem bis heute nicht rehabilitierten Bad Guy mitschuldig macht. Bereits No Doubt haftet in ihrer Diskographie ein Feature mit dem Killer an - sogar einer ihrer größten Hits. Angeblich haben sich Omi, Chronixx, Snoop Doog und Barrington Levy zu Gastauftritten auf Bountys Comeback-Werk in den 2020ern bereit erklärt.

Der Artist selbst verlautbart auf Instagram, Damian Marley habe das Album produziert. Fakt ist, dass zumindest einzelne Singles 2022 in Umlauf kommen, und der Dancehaller bei DJ Khaled auf "Khaled Khaled" und "God Did" mitwirkt, als wäre nie etwas gewesen. Ob das besagte Album aber genauso ein Rohrkrepierer wird wie das im Khaled- und Drake-Dunstkreis angeblich längst fertige 'Reggae'-Album "R9" von Rihanna, muss sich erst noch zeigen.

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