laut.de-Kritik

Hitverdächtiger Gitarrenpop aus dem Indie-Mutterland.

Review von

"This is not a movie / Things just ain't the same as your favourite video", singt Chris Peck, Frontmann von Boy Kill Boy, in seinem Song "Suzie" – allzu viele Gründe für Pessimismus sollten er und seine Band jedoch nicht haben, schließlich läuft die eigene Musikkarriere bis jetzt äußerst erfolgreich. Wenn man es recht betrachtet, legten die vier Jungs aus dem Osten Londons sogar einen ziemlichen Bilderbuch-Start hin.

Ihre ersten Singles stürmten die britischen Charts und lösten sogleich einen neuen Indiehype aus, die Debütplatte "Civilian" stieg auf Platz 16 der UK-Albumcharts ein und BBC Radio 1-DJ Zane Lowe adelte den Erstling der Londoner Jungs als "die wichtigste Indieplatte der Welt oder so". Das NME, die BRAVO für Gitarrenrockfans, sprühte ebenfalls vor Begeisterung und bezeichnete die Band als neuen "indie fix" mit Suchtgefahr!

Der Auftritt bei "Top Of The Pops" machte den Einstieg ins Musikbusiness perfekt: "Es ist unglaublich. Jeden Tag erreichen uns irgendwelche schrägen Nachrichten. Irgendwas passiert immer! [...] Ich sag dir: jeden Tag wird es surrealer. Wir haben erst kürzlich 'Top Of The Pops' gemacht – und das war wirklich unfassbar bizarr", findet selbst Peck.

Tatsächlich wartet "Civilian" mit einer Vielzahl hitverdächtiger Songs auf und liefert somit genügend Gründe, Boy Kill Boy als neuen Stern am Indie-Himmel zu feiern. Mit ihrer Mischung aus monumentalem Rock und epischem Pop legen die Briten ein Debütalbum vor, dass auch hierzulande durchaus einen Hype auslösen könnte. Markenzeichen der Band sind ausschweifend pompöse Songs, dynamische Gitarren- sowie hochtheatralische Synthesizer- und Klaviersounds. "Back Again" vereint all das – ein Opener, der vor allem das Wechselspiel zwischen schnellen und langsamen Parts, zwischen dramatischen Gesangs- und ruhigen Instrumentalpassagen, betont.

"On And On" schraubt die Gitarrensounds etwas zurück, legt das Augenmerk auf elektronische Keyboardklänge und erzeugt so einen balladenhaften Charakter. Es folgt "Suzie", eine brillante Indie-Pop-Nummer, die, ganz im Gegensatz zum Songtext, keinen "countdown to the disappointment" liefert, sondern vielmehr durch einen catchy Refrain, Dynamik und Leichtfüßigkeit überzeugt. "Six Minutes" lässt die Theatralik in Pecks Stimme besonders deutlich erkennen. Der Track besticht abermals mit Schnelligkeit und Impulsivität, klingt dafür aber umso sanfter mit einem ruhigen Gitarrenpart aus.

"On My Own" ist ein emotionales Herzschmerz-Stück verpackt in flockig leichte Pop- und Synthiesounds. "Ivy Parker" – ein ebenso gefühlsbetonter Track – beginnt verhalten mit leisen Klavierklängen, überrascht dann jedoch mit pompösen Backgroundchören. Der Song kennzeichnet sich durch längere tragische Instrumentalparts und zeigt, dass die Band auch mit Balladen überzeugen kann. In "Civil Sin" fragen Boy Kill Boy philosophisch nach der Konstruktion von Sinn und Selbst und kehren zurück zu ihrem gitarrenlastigen Indie-Rock, klingen diesmal jedoch düsterer und kantiger als zuvor.

"Killer" fährt mit blutrünstigem Refrain auf ("Killer, kill us all!"), ein manischer Gesang samt gruseligem Text machen dem Bandnamen alle Ehre. In "Friday-Friday" ziehen die Briten die Geschwindigkeit nochmals an, drehen Synthesizer- und Gitarrensounds deutlich auf, um dann einen ruhigeren, aber dennoch kraftvollen "Showdown" zu liefern. Mit ihrer musikalischen Mischung aus Indie, New Wave und Post-Punk-Pop erinnern Boy Kill Boy stark an The Killers oder The Bravery – klangliche Parallelen ergeben sich ganz eindeutig durch Echoeffekte und die Synthies, die sich großer Beliebtheit erfreuen und dementsprechend exzessiv zum Einsatz kommen.

Außerdem sind Ähnlichkeiten zu Maximo Park, The Futureheads oder Radio 4 zu erkennen. Boy Kill Boy überzeugen mit dynamisch, lebhaften und vor allem ungemein tanzbaren Tracks. Einziges Manko sind die Lyrics, die teilweise etwas dünn und lückenhaft wirken. Das tut der Hype-Qualität jedoch wenig Abbruch – Boy Kill Boy wissen eben einfach, wie man Hits schreibt.

Trackliste

  1. 1. Back Again
  2. 2. On And On
  3. 3. Suzie
  4. 4. Six Minutes
  5. 5. On My Own
  6. 6. Ivy Parker
  7. 7. Civil Sin
  8. 8. Killer
  9. 9. Friday-Friday
  10. 10. Showdown

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