laut.de-Kritik
Komm' mit ins Abenteuerland!
Review von Markus BrandstetterDie Geschichte, die uns Brandon Flowers gleich zu Beginn seines zweiten Solo-Albums "The Desired Effect" erzählt, hätte durchaus von seiner sich derzeit in Warteposition befindenden Hauptkapelle The Killers stammen können. Oder von Bruce Springsteen und der E Street Band, Meat Loaf oder wahlweise Bon Jovi: "The highway was teasing me with promises and visions of a country unseen, in a black limousine / for the better part of my twenties on the corner this dirty street / a decade in the making, just a loser on two tender feet." Große Träume, breite Straßen, Glitzerlichter. We're living on a prayer, oder so ähnlich.
Rock'n'Roll-Träume werden eben wahr, das hat schon Meat Loaf gesungen, nur träumt Brandon Flowers diesmal nicht vom Rock sondern von Disco und 80er-Jahre-Musik mit großen Gefühlen und größeren Refrains, völlig angstbefreit gegenüber Pathos und Kitsch. Nicht, dass man nicht gewusst hat, dass Brandon gerne dick aufträgt und auch einmal einen Foxtrott in ganz andere Gefilde wagt. Komm' mit ins Abenteuerland!
Dass Flowers nicht unbedingt emotional sparsame Arrangements mag, dürfte jedem klar sein, der je ein The Killers-Album gehört hat. Die Brass-Section macht den Anfang, alles bewegt sich gleich auf maximalem Euphorie-Level, der Weg vom verlorenen Jugendlichen zum Rockstar dauert dramaturgisch nur kurz über vier Minuten. "Dreams come true, yes they do, dreams come true", singt Brandon mit weiblicher Unterstützung im Chorus, und es schaudert einen kurz beim Refrain. Seis drum, wir sind hier schließlich im Dreamland, everything is alright! Zumindest singt Flowers genau das und unterlegt es dann mit "Ohoh-e-ohs", wie sie Stadionrock-Kollegen Bono Vox und Chris Martin nicht besser hinbekommen hätten.
Man braucht schon eine gewisse Dickhäutigkeit gegenüber Schlagerismen, um den Longplayer wirklich gut zu finden. Schließ' die Augen, Baby, und sag' mir, was du siehst: Solche Texte bringt der Gute auf "The Desired Effect" nämlich immer wieder. Zum Beispiel: "I've been working overtime / I can't get you off my mind" oder: "The first time that I saw your face / Time stood still, I found my grace": Ja, nee, is' klar, Alter: Im Abenteuerland darf man sowas. Sogar solche Refrains wie bei "Diggin’ Up The Heart", da sind wir sogar bereits im Schunkelschlagerland angekommen. Augen zu und durch!
Am Schluss sind wir alle wieder working class und ein klein wenig lost, Springsteenesk episch in den Strophen und Gospel-Schlager im Chorus: "They shut down the golden Sahara Hotel / Jessica says it won't be long until they blow it all to hell […] Ain't that the way it's always been / Everybody's sitting around waiting for the sun to come again", da ist dann textlich wieder alles in Ordnung.
Thematisch kommt Flowers eben oft nicht aus seiner Haut heraus, und das ist auch gut so: Der Hang zum Rock'n'Roll-Epos, zum Thunder-Road-Romantizismus, der kommt auf "The Desired Effect" bei aller Liebe zur Disco trotzdem immer wieder durch. Vielleicht ist "The Desired Effect" auch einfach nur das zu Ende gedacht, was Flowers auf dem The Killers-Album "Day And Age" mit Stücken wie "Human" begonnen hat, quasi als Antwort zum missverstandenen Killers-Album "Sam's Town".
Manchmal klingt Brandon Flowers' zweites Soloalbum "The Desired Effect" wie ein 80er-Jahre-Aerobicoutfit mit neonfarbenen Stulpen und Stirnband, manchmal auch wieder wie ein Hawaiihemd in Übergröße mit Ananasstücken und Sonnenschirmen drauf. Musik für Kreuzfahrten und Turnstunden und Schäferstündchen und für Karate-B-Movies der 1980er Jahre und für Tanzwettbewerbe. Foxtrott gefällig? Ja, irgendwie schon auch geil hier, im Abenteuerland.
8 Kommentare
"Große Träume, breite Straßen, Glitzerlichter. We're living on a prayer, oder so ähnlich." - also wie das erste Mal. Geil. Ist nen Fast-Klassiker (hätte man ja auch mal erwähnen können und nicht immer nur The Killers...). Egal, bleibt geil im Abenteuerland. Das passt.
Ich bin ja sonst ganz gut darin, Künstler und Kunst auseinander zu halten, aber wenn es um diesen Mormonen-Deppen geht, hört es bei mir leider auf.
Ganz übles Album. Richtiger Schmonz. Von vorne bis hinten.
Gefällt mir sehr sehr gut. Bin gewillt zu sagen der sollte nur noch allein Alben machen. Sowohl Flamingo als auch dieses sind Welten besser als die killers seit Sam's Town...
Are we human or are we mormon?
Can't deny my love is wirklich catchy, aber den Rest find ich nicht so toll. Zu viel 80's und Kitsch, einfach nur nervig.
Ordentliches Album, sind zwar ein paar Patzer dabei, aber besser als sein letztes Soloalbum. Steuert ziemlich auf die Retro-Schiene zu, aber bin ganz froh dass das ganz anders klingt als das letzte Killers Album.
Für Leute die mit Brandon Flowers nix anfangen können wird sich mit dieser Platte auch nix ändern.