laut.de-Kritik
Deswegen stehen sie seit Dekaden an der Genrespitze.
Review von Manuel BergerAch, was würde ich jetzt gern den Einleitungstext des Kollegen Schmidt kopieren, den er vor kurzem anlässlich Exhumeds "Death Revenge" verfasste. Nächstes Jahr feiern Cannibal Corpse ihren 30. Geburtstag und den begehen sie natürlich wie die 29 davor mit leckerem Blut-und-Leiber-Kuchen. Wer auf den bisherigen Partys Spaß hatte, wird auch auf dieser seine helle Freude haben. Vielleicht sogar ein bisschen mehr, denn wenn der Corpsegrinder 2018 auf der Bühne die "Red Before Black"-Brecher anstimmt, dürfte die Hölle los sein.
Gerade der direkte Vorgänger "A Skeletal Domain" verblasst gegen die Qualität, die Cannibal Corpse auf ihrem vierzehnten Album vorstellen. Es spielt überhaupt keine Rolle, dass sie mit denselben Stilmitteln schon vor Dekaden den Death Metal mitdefinierten – diese Songs fühlen sich an, als würden sie das gerade wieder tun. "Heads Shoveled Off" ist der ultimative Beweis, warum die Kannibalen seit so vielen Jahren an der Spitze des Genres stehen. Spielerisch springen die Instrumentalisten zwischen wahnsinnig schnellen, aber dauerhaft groovenden Parts hin und her. Hier macht sich die Eingespieltheit der Truppe bezahlt – vom Nachwuchs ist man solch komplexes Songwriting eher nicht gewohnt.
Auch textlich gibt sich die Band keine Blöße: Es geht um einen Vietnam-Veteranen, der zum traumatisierten Serienmörder mutiert. "The open neck holes fester / Ravaged by the vultures / Bodies for the insects and / The skulls are for the collection / Brains and eyes are eaten / Gnaw the skin though rotten / Only bones will remain but / The skulls are for the collection".
Eine Pause gönnen Hannibal Corpse euch nicht. Eine Dreiviertelstunde lang brettern sie im Blutrausch durch Highspeed-Riffs, nur gelegentlich schalten sie auch ein paar doomige Töne zwischen – etwa in "Remaimed", einem einfacher aufgebauten Track, in dem der Corpsegrinder fast schon sowas wie eine Hook rauspresst. Pat O'Brien steuert ein Gitarrensolo bei, das er geschmackvoll im Low-Tempo-Part startet, aber mit hinüber zur Hochgeschwindigkeit zieht. Auch "Corpus Delicti" verfügt über schöne Leads, die von einfacher Melodie – auch eher selten gesät im Corpse-Kosmos – über Skalenwissen zu Slayer-Squeal reichen. Darunter spielt die Rhythmusfraktion am Fleischwolf verrückt.
Zwar können nicht alle Songs das gleiche überhohe Level halten. Der Titeltrack etwa gerät im Vergleich zum anderweitig Gebotenem etwas stumpf, "Hideous Ichor" rauscht zum Abschluss eher unspektakulär durch. Gute strukturelle Ideen sind auch hier vorhanden – zum Beispiel ein einleitendes Lead und ein spannend platzierter schlagzeugfreier Raum – aber ausnahmsweise klingen die Riffs dazu abgestanden und etwas zufällig zusammengesetzt.
Das Gros der zwölf neuen Tracks gehört allerdings zum besten Material, das die Todmaschine in jüngerer Geschichte fabriziert hat – wenn nicht gar karriereübergreifend. "Scavenger Consuming Death" hat mit seinen fiesen Bending-Tremolos das Zeug zur Kultnummer, genau wie das bereits erwähnte "Heads Shoveled Off". "Firestorm Vengeance" zaubert Oldschoolern als zugänglicher Banger ein breites Grinsen zwischen die Backen, ohne auf technisch versierte Rhythmuswechsel zu verzichten. Ums zum Abschluss kurz zu machen: Cannibal Corpse killen immer noch und legen mit "Red Before Black" eins ihrer stärksten Alben vor.
3 Kommentare
Erste Sekunden gehört, 4 Punkte gezückt. CC werden in diesem Leben nichts mehr falsch machen, die haben sich seit "Kill" eingegroovt und ziehen das gekonnt durch.
Top Album.
Was für ein rasiermässerscharfes Groove Monster !