laut.de-Kritik
Komm mit ins Abenteuerland von Chris Martin und Band.
Review von Kerstin KratochwillDas Prinzip Live-CD ist seltsam: Authentizität soll eingefangen, ein einmaliges Ereignis durch Konservierung immer wieder erlebbar gemacht werden - im Idealfall lassen sich Gefühle immer wieder abrufen. Das perfekte Weihnachtsgeschenk für den Fan also - und beim Künstler lässt dieses Prinzip die Kassen klingeln. Coldplay verbinden beides auf "Live In Buenos Aires" aufs Eindrücklichste.
Die Doppel-CD beginnt mit einer Ansprache an die Massen und einem zugleich pathetischen wie politischen Intro: Charlie Chaplins berühmte Rede aus "The Great Dictator". Sänger Chris Martin betritt zu folgenden Worte effektvoll die Bühne: "In the 17th Chapter of St Luke it is written: "the Kingdom of God is within man" - not one man nor a group of men, but in all men! In you! You, the people have the power - the power to create machines. The power to create happiness! You, the people, have the power to make this life free and beautiful, to make this life a wonderful adventure." Es erklingt der Song "A Head Full Of Dreams" unter begeistertem Applaus des Publikums, dem soeben ein "wundervolles Abenteuer" versprochen wurde.
Willkommen im Abenteuerland von Coldplay, in dem das Publikum zum Chor von Chris Martin wird, zur daueranimierten Masse, letztlich zur Kulisse einer perfekten Show, die nicht nur als Doppel-Album, sondern auch auf DVD, Vinyl und digital erscheint. Wir erleben in dieser Dreifaltigkeit die Wandlung Martins vom schüchternen Typen zum coolen Frontman, der auch vor 100.000 Fans simple Melodien in gefeierte Hymnen verwandeln kann und ihnen das Gefühl vermittelt, dass sie es alleine sind, die das Glück gerade erschaffen.
Seine spanischen Ansprachen und Animationen vermitteln eine Verbundenheit und Verschmelzung mit dem Publikum, die zugleich erschreckend packend als auch professionell sind. Und so reiht sich nicht nur ein Coldplay-Hit wie "Yellow", "The Scientist", "Clocks" oder "Viva La Vida" nach dem anderen, das Gefühl als Fan an diesem Tag und an diesem Ort etwas ganz Besonderes zu sein und zu erlebn, zelebriert die Band in dem Tango "Amor Argentinia" absolut perfekt.
Und so ist diese Live-CD die perfekte Umsetzung des eingangs erwähnten Prinzips, jede Marketingabteilung wird eine Träne der Rührung angesichts dieser Show verdrücken: Professionalität (bei jedem Song), Mitsing-Action (bei fast jedem Song), Lokal-Kolorit (immer wieder eingeflochten), Realitätssimulation (bei "Paradise" fühlt man sich fast selbst von Konfetti-Kanonen in einem grellbunten Autoscooter beschossen), Balladeskes (zum Runterkommen), Animationsmarathon (Martin schreckt neben vielen Uh-Uhs und Oh-Ohs auch nicht vor Ole-Oles zurück) und jede Menge Pathos (in jeder verdammten Sekunde).
4 Kommentare mit 6 Antworten
It is not a very good gig, is it?
Uh-Uh... Oh-Oh... Ole-Ole ^^
Wenn ich in der Setlist Titel wie "Clocks", "Yellow" oder "In My place" lese kann ungehört sagen, dass das Album keine 1/5 ist. Der reinste User-Mitläufer-Kindergarten hier.
Kommt dann natürlich darauf an wie die präsentiert werden. Vielleicht ja auch in diesem kirmesartigen Glückseligkeitsrausch... Ansonsten klar, haste recht. (wobei ich In My Place immer doof fand )
word ich urteile hier natürlich rein spekulativ - und dass die Coldplay Konfetti-Politik einem sogar die Zornesröte ins Gesicht treiben kann ist auch legitim (A Head Full of Dreams war mMn einfach nur grausam). Trotzdem, die Jungs haben uns mit ihren beiden Erstlingswerken einige der besten Songs ihrer Zeit geschenkt - U2 und Muse fallen für mich in die geiche Kerbe. Und ad) "In My Place" bin ich ebenfalls voll bei dir: der Song fühlt sich alleine verloren an, ist aber im Albumkontext ein Diamant.
Das stimmt. Gerade der Übergang vom tollen Politik zu In My Place ist grandios!
2002 waren sie authentisch, 2018 klingen sie wie die Kuh der der letzte Tropfen Milch zwangs gemolken wird.
Hi Meuri! Schön, dass du wieder da bist!
It's a Christmas miracle! *o*
2009 gesehen in Düsseldorf (Ganze Familie und Anhang damals zu Weihnachten gesponsert, die Karten). Richtig geärgert, die Esprit Arena ist relativ klein als Stadion (ca. 50000), trotzem kleine Band in viel zu großem Raum, wirkten verloren und an ihren eigenen Ansprüchen gescheitert.