laut.de-Kritik

Rosa Nickelbrillen-Pop anstatt Matrosenlieder.

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Das südenglische Southampton zeugt von Britannias großer Vergangenheit als Seemacht. Aber auch die zivile Schifffahrt hatte in Southampton ihr Zentrum, die Mayflower startete von hier aus zu neuen Ufern und auch die Titanic lag vor ihrer letzten Fahrt hier vor Anker. Das ist lange her und der Ruhm vergangener Tage verblasst. Somit scheint "Faded Seaside Glamour" ein höchst logischer Titel für ein Album einer Band aus dieser Stadt. Doch wie irreführend kann ein Titel sein?!

Dass es sich bei "Faded Seaside Glamour" nicht um eine Sammlung trauriger Matrosenlieder handelt, stellen die Delays sofort klar. Die Steel Drums zu Beginn des melancholisch in die Ferne schweifenden "Wanderlust" fangen die große, weite Welt ein. Sehnsucht klang selten so süß, das Herz mag einem ein bisschen schwer werden. Der zeitweise fast eunuchenhafte Gesang Greg Gilberts passt wie die Faust auf's Auge, anders als Justin Hawkins bei The Darkness bietet dieser Sänger wenig Anlass zu Streitigkeiten.

Melancholie bleibt zum Glück nicht das bestimmende Motto auf "Faded Seaside Glamour", dazu ist das Leben doch viel zu schön. Schon die Single-Nummer "Nearer Than Heaven" klingt deutlich klarer und positiver, "Long Time Coming", einer der Höhepunkte des Albums, steigert das Sonnenschein-Gefühl noch ein wenig. Fast ertappt man sich beim Mitpfeifen, die Musik geht in den Fuß. Ganz ähnliche Geühle löst das fast hippieske "Hey Girl" aus. Pop wie durch eine rosa Nickelbrille, The Mamas And The Papas lassen grüßen.

Doch die Delays können auch nachdenklich sein, bei "Bedroom Scene" zeigen sie sich von ihrer zurückhaltenden Seite, und die maximal reduzierten "No Ending" und "There's Water Here" sind zerbrechlich-melancholische Balladen von allererster Güte. Während die langsamen Stücke ganz gut in das Gefüge des Albums passen, wirkt das elektrisch groovende, an Suede erinnernde "Stay Where You Are" ein wenig fehl am Platze.

Insgesamt bieten die Delays ein schönes Debüt, das Indiepop mit Folkanleihen verschmelzen lässt und auch leise Töne vorstellt. Vielleicht genau der richtige Weg, wenn man aus einer heute langweiligen Stadt mit einer großen Vergangenheit kommt. Faded Seaside Glamour? Wenn er so schön klingt, schwelgt man gerne darin.

Trackliste

  1. 1. Wanderlust
  2. 2. Nearer Than Heaven
  3. 3. Long Time Coming
  4. 4. Bedroom Scene
  5. 5. No Ending
  6. 6. You Wear The Sun
  7. 7. Hey Girl
  8. 8. Stay Where You Are
  9. 9. There's Water Here
  10. 10. Satellites Lost
  11. 11. One Night Away
  12. 12. On

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LAUT.DE-PORTRÄT Delays

Für jugendliche Musikfans im südenglischen Southampton gibt es nicht viel Möglichkeiten. Die Stadt hat keine besonderen Merkmale, außer einer reichen …

5 Kommentare

  • Vor 20 Jahren

    Manche Stimmen erkennt man unter Tausenden. Die von Greg Gilbert ist so eine. Der Sänger der englischen Band Delays (ohne "The", bevor jemand fragt!) schraubt sein Organ in luftige Höhen und kratzt auch gerne mal ein Krächzen aus seinen Stimmbändern. Eine markante Stimme ist aber nur die halbe Miete, doch auch in Sachen Songwriting klappt's mit den Delays. Die erste Single "Nearer Than Heaven" (mittlerweile schon fast ein Jahr alt), ist einfach nur ein wunderschönes Stück Musik und versetzt den Zuhörer tatsächlich in himmlische Gefilde. Auch die Nachfolgehits "Long Time Coming" und "Hey Girl" (erinnert sehr an The La's "There She Goes" aus den 80ern und ist nicht minder bezaubernd) lassen nichts vermissen, was guten Gitarrenpop ausmachen sollte.

    Beim ersten Hördurchgang tönt es fast so, als wären diese drei Songs die Spitze der Delays-Kreativität. Das dem nicht so ist, merkt man spätestens nach erneutem Hören. Da entpuppen sich plötzlich unscheinbare Songs wie "You Wear The Sun" oder "Stay Where You Are" als kleine Pop-Diamanten; "Wanderlust", der Opener, verblüfft mit Steeldrums und zeigt so nebenbei, zu was Gilberts Stimme fähig ist. Mit "No Ending" beweisen die Delays ihr Gespür für Balladen, wie sie Suede nicht besser hätten schreiben können (der Vergleich mit Suede liegt nahe, wenn man Gilbert's Stimme erst mal gehört hat).

    Nach Keane und Franz Ferdinand also erneut ein gelungenes Debutalbum einer talentierten Brit-Band; die Zukunft wird zeigen, wer da noch drauflegen und sich als Long-Time-Act etablieren kann.

    Das Album gibt's übrigens in einer Limited Edition mit einer zusätzlichen DVD; auf der 8 Promo- und Live-Videos zu finden sind... und dies - zumindest in der Schweiz - zum selben Preis wie die einfache CD! :)

    Hörbeispiele?

    Hier (http://www.roughtraderecords.com/)
    und
    hier (http://www.bbc.co.uk/music/rockandalt/revi…)

  • Vor 20 Jahren

    ja...sind wirklich sehr nett. hab sie mir gestern als vinyl geholt. klingt leider wirklich fast alles nach den la's...aber da das meine band der ersten dtunde war! grins ich mir einen

  • Vor 20 Jahren

    *nochmalnachobenschieb*

    Vielleicht entdeckt ja doch noch jemand diese Band... :trusty:

  • Vor 20 Jahren

    Zumindest die Laut-Redaktion (http://www.laut.de/lautstark/cd-reviews/d/…) hat sie entdeckt! Gute Review! ;)