laut.de-Kritik

Der Spaß hat mehr Löcher als ein Netzunterhemd.

Review von

"Vom Vintage Verweht" - großartiger Titel, nur von Dendemann selbst übertroffen mit "Metapher Than Leather". Ein alle Welt rücksichtslos vor den Kopf stoßendes neues Grusel-Outfit. Dazu eine ebenso unverwechselbare wie berückende Kombination aus Reibeisenstimme und einem vom Rap-Gott geküssten Händchen für Wort- und Satzbau-Spielereien: Die Sonne scheint.

"Das ist die Geschichte von dem mit den Geschichten mit den nichtigen Themen": Für einen solchen Einstieg liebe ich ihn. "Ey, bei dem zu Hause stapeln sich die Ideen." Ich glaube auch, ja. "Ich hinterlass' das Haus gerockt, doch besenrein." Ordentlich.

Allein den Entschluss, "die Freiheit einer alten Stratocaster" dem bewährten Ghettoblaster vorzuziehen, sich den Rücken künftig lieber von einer Rockband als einem tauglichen Plattendreher freihalten zu lassen - den kann ich nicht gut heißen. Jedenfalls nicht, so lange er in derart nervenkostümzerfetzender Soundästhetik mündet, wie sie "Vom Vintage Verweht" von vorne bis hinten auffährt.

Eine Singlelänge lang geht das gut. "Stumpf Ist Trumpf 3.0" rockte für sich genommen mit blechernen Drumbeats noch recht gut voran und weckt - zumindest unter uns Siebziger-Babys und Achtziger-Kindern - verschüttet geglaubte Erinnerungen.

Als zweiter Track nach dem komplett identisch ausgestalteten "Nesthocker" geht mir der Sound aber bereits leise auf den Keks - und es wird nicht besser. In "V.N.D.", einem derben Liebeslied in der schönen Tradition von "Lieblingsmensch", gesellt sich Gitarrengegniedel dazu, in "Freie Radikale GbRdH" zudem Klimperei auf dem Piano.

Findet die musikalische Untermalung, wie in "0 Robota", ihre Entsprechung in einem cleveren Text, lässt es sich leicht gnädig bleiben. Wenn sich der wenig später beschworene "astreine Garagen-Rap" dann aber auf eine plumpe Lobeshymne an die eigene Band beschränkt, man in "Tierisch" über eine unzusammenhängende Aufzählung von Viechern nicht hinauskommt oder man in "Petze" dieselbe nicht kreativer als mit zigfacher Wiederholung der Anschuldigung "du kleine Petze" schmäht, bekommt der Spaß Löcher wie ein Netzunterhemd.

Servierte Dendemann anfangs noch "Reime, so cool, dass das Mikro friert", unterschreibe ich im Verlauf des Albums höchstens noch den Titel "Es Geht Bergab". Lediglich die sprunghafte Zeitreise durch die Jahrzehnte in "I'm A Record Junkie Und Zurück" hält die Talfahrt auf. Die Nummer lohnt sich - zumindest für Vinyl-Freunde, die in ähnlicher Weise an der Nadel hängen.

Dende hätte, könnte, würde zweifellos ein wahnwitziges Rap-Album abliefern. Doch so lange im Hinblick auf die Beats stumpf Trumpf bleibt, hoffe ich, dass ihn der Trend, dem er mit seinem angerockten Retro-Klängen so meilenweit voraus zu sein glaubt, so schnell nicht einholt.

Trackliste

  1. 1. Nesthocker
  2. 2. Stumpf Ist Trumpf 3.0
  3. 3. V.N.D.
  4. 4. 0 Robota
  5. 5. Und Wenn Ja, Warum?
  6. 6. Freie Radikale GbRdH
  7. 7. Tierisch
  8. 8. Petze
  9. 9. Metapher Than Leather
  10. 10. Es Geht Bergab
  11. 11. I'm A Record Junkie Und Zurück
  12. 12. Hörma!
  13. 13. Papierkrieg

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