laut.de-Kritik
Der Süden hat Bock auf Krawall.
Review von Mirco LeierHört man sich Denzel Currys letztes Album "Melt My Eyez See Your Future" an, scheint es schwer vorstellbar, dass der Typ ursprünglich aus dem Raider Klan-Umfeld stammt. Anstelle eines egdy Teenagers, der nachts durch die Sümpfe Floridas schleicht, gab er da eher das Bild eines kultivierten MCs ab, der es sich zum Feierabend auf seinem Designer-Sofa bequem macht und sich zu einem Kurosawa-Film einen guten Tropfen reinpfeift. Manche bezeichnen das als artistische Reifung, andere vielleicht ein wenig belächelnd als überambitioniert. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen.
Was sich nicht von der Hand weisen lässt, ist dass Curry, wann immer er in den Modus verfällt, künstlerisch wertvolle Musik machen zu wollen, ein wenig verkopft daherkommt. Verkopft bedeutet in diesem Fall allerdings nicht schlecht, nüchtern betrachtet hat dieser Mann noch kein einziges schlechtes Projekt geliefert. Nur wirken in diesem Umfeld sein eigentlich so quirliges Charisma und seine überdrehte Energie oft ein wenig gedrosselt, was ein paar starke Bars hier und ein wenig Saxophon im Beat da nicht mühelos auffangen. Das ist weniger Musik fürs Herz, die Beine oder die Nackenmuskulatur, sondern vorrangig für den Kopf. Die hat eine Existenzberechtigung, keine Frage, aber Currys größtes Talent liegt eben doch woanders.
Nicht in der Conscious-Lounge, sondern in seinem Heimatviertel "Zuu" und dem Ethos seiner Anfänge: Hungrige Haudrauf-Mucke mit Wut im Bauch und Dragonball Z in der Birne. Fest verwurzelt in der musikalischen DNA seiner Herkunft und den Klängen seiner Idole. Eine Rückkehr zu diesem Sound ist also durchaus zu begrüßen, und "King Of The Mischievious Vol. 2", der verspätete zweite Teil seines Breakout-Mixtapes, setzt auch alles daran, uns zu vermitteln, dass der Floridianer dieses Blick zurück nicht auf die leichte Schulter nimmt. Curry huldigt mit diesem Tape nicht nur Florida, nicht nur dem Raider-Klan, sondern, wie der Titel schon sagt, dem gesamten musikalischen Süden der USA.
Für den losen thematischen Überbau lässt er Memphis-Legende Kingpin Skinny Pimp ein paar Interludes einsprechen, die Gästeliste reicht von Florida nach Texas und die Themen vom Kontostand bis zum Waffenschrank. Dieses Tape zeigt Curry in seiner unverfrorensten Form. Hier ist Schluss mit Introspektion, hochgestochenen Themen-Tracks oder Jazz-Features, der Süden hat Bock auf Krawall, und Curry reicht ihm nur zu gerne ein Mikrofon.
Da jeder Song mit einer umfangreichen Gäste- und einer noch ausufernden Produzentenliste daherkommt, ist es bemerkenswert, wie aus einem Guss dieses Tape klingt. Curry und Co. holen den Vibe der alten Datpiff-Tapes, die sie hier rekreieren, grandios in die Gegenwart. Der Rauch des Memphis-Mündungsfeuers, mit dem "Ultra Shxt" und "Hot One" das Trommelfell beschießen, qualmt auch auf Trap-Brettern wie "G'z Up" oder "Sked" noch ein wenig nach. "Cole Pimp" wirft noch ein wenig sommerlichen R'n'B in den Mix, bevor der finale Stretch der LP das Fadenkreuz wieder auf Florida richtet und mit "Hit The Floor" und "Hoodlumz" den Block komplett in Brand steckt.
Da ist eine gewisse Dramaturgie drin, das Tape startet stark, nimmt ein wenig das Tempo raus und haut einem am Ende mit Vollgas in die Fresse. All das geschieht in so kurzer Zeit, dass man verwundert auf die Uhr guckt, wenn Skinny Pimp am Ende "And there you have it" proklamiert. Vollends den Stecker zieht er allerdings nie, denn wenn das Tape anschließend wieder zurück an seinen Anfang loopt, spricht wenig dagegen, nochmal eine Runde zu drehen.
"King Of The Mischievous South Vol.2" hält trotz wenig Innovationen oder Ausreißer ins Außergewöhnliche ein so hohes Tempo, dass selbst die schwächeren Momente kaum negativ auffallen. Denn nichts auf diesem Album klingt per se schlecht, schlimmstenfalls zieht es auf Songs wie "Wishlist", oder "Cole Pimp" einfach nur ein wenig beiläufig an einem vorbei, anstelle einem mit letzter Intensität in den Arsch zu treten.
Wenn man etwas Konkretes ankreiden möchte, dann ist es Denzel Curry selbst. So stark die Features performen, so sehr klingt er stellenweise ein klein wenig neben der Spur. Die Wortspiele und der Flow mögen mehr Varianz mitbringen, als es noch auf dem Erstling dieses Tapes der Fall war, aber dafür fehlt hier hörbar der Heißhunger. Curry klingt ein wenig satt, ein wenig distanziert. Nicht immer wohlgemerkt, seine Performance auf "G'z Up" oder "Ultra Shxt" machen Laune, aber auf Songs wie "Hot One" oder "Sked" müssen ihm die Features ein wenig unter die Arme greifen, um die Songs mit dem nötigen Schmackes über die Zielgerade zu schmettern.
Ohnehin ist dieses Album zu gleichen Teilen Currys Album, wie es auch das Album seiner Produzenten und Gäste ist, und das kommt ihm ultimativ zugute. Maxo Kream macht auf "Set It" Geschnetzeltes aus dem Beat, A$AP Rocky reichen 20 Sekunden um uns daran zu erinnern, wie dringend wir ein Album von ihm brauchen, und That Mexican OT beweist auf "Black Flag Freestyle" wieder einmal, wieso er zu den momentan spannendsten Newcomern gehört, alleine die Art wie dieser Mann das Wort 'Spaghetti' betont, gehört in ein Museum. Auch Legenden wie Project Pat oder Juicy J erledigen Dienst nach Vorschrift, aber die beste Performance und damit auch den stärksten Moment der gesamten LP liefert TiaCorine auf "Hot One". Ihr Verse fällt zwar ziemlich kurz aus, aber ihre 16 Bars haben genug Charisma für 17 Mann. Da kann einem A$AP Ferg fast leid tun, der danach sein Bestes gibt, aber fast ein wenig untergeht.
In letzter Konsequenz ist es jedoch auch diese Abhängigkeit von den Features und das beinahe in den Hintergrund rücken Currys, das "King Of The Mischievous South Vol. 2" davon abhält, nahtlos an seine vorherige Glanztaten in dieser Gangart anzuknüpfen. Versteht mich nicht falsch, wenige Hip Hop-Alben dieses Jahr lassen sich so wunderbar durchhören wie dieses, aber gerade im Vergleich mit dem Hunger, der einem auf Tapes wie "Imperial" oder "Zuu" noch das Gefühl gab, dieser Rapper habe der Welt noch etwas zu beweisen, fühlt sich dieser Aufguss davon ein wenig wie die (wohlgemerkt gekonnte) Fingerübung eines Rappers an, der sich nach einer erfolgreichen Detour wieder richtig doll auf seine Designercouch freut.
5 Kommentare
Find's boring af
Ist mir zu anstrengend. Ich bin zu alt für den Scheiß.
Memphis Rap/Horrocore aus den 90ern, Modern Trap aus den 2010ern und der Sound aus der Soundcloud-Ära. Das Album deckt sehr gut wie die Südstaaten klingen und was an denen so spannend ist plus dieses bodenständige Mixtape-Feeling.
Denzel Curry kann es eben.
Geile Songs dabei. Black Flag rollt über Hip-Hop. Zu krass
Tia Corina auch zu bös. Ferg eh ein Meister am Mic