laut.de-Kritik
Nicht jedem stehen Röhrenjeans und Lederkutte.
Review von Kai ButterweckWelcher radioverseuchte Mainstream-Fetischist hatte während der heißen Jahreszeit im Jahr 1998 nicht wenigstens einen Abend pro Woche zwei Rotweingläser in der einen Hand und Eagle Eye Cherrys "Save Tonight"-Single in der anderen, um der Liebsten einen kuscheligen Feierabend zu bescheren? Doch der Schmuse-Hype um Neneh Cherrys Halbbruder währte nur einen Sommer lang, so richtig zünden wollte keiner seiner folgenden Outputs mehr.
Ernüchtert und ausgelaugt zog er sich zurück und verbrachte die letzten Jahre eher im Schatten des Rampenlichts. Nun schaut der Sunnyboy mit vollem Akku wieder um die Ecke, um fünf Jahre nach seiner letzten Veröffentlichung "Live And Kicking" mit dem neuen Studioalbum "Can't Get Enough" wieder Anschluss zu finden.
Die lange Pause scheint dem Schweden gut getan zu haben, denn mit dem Einsteiger "Go Simmer Down" legt der Singer/Songwriter einen knackigen Start hin, den ihm wohl nur noch die Wenigsten zugetraut hätten. Angezerrte Gitarren, schnelle Anschläge und überraschende Melodiewendungen animieren die Füße bereits nach wenigen Sekunden zum Mitwippen.
Doch bereits mit dem anschließenden "Your Hero" katapultiert Eagle Eye Cherry den Schwung der ersten Minuten in weite Ferne. Süffig, aufgesetzt und mit zentnerschwerem Kitsch beladen kuschelt sich das näselnde Organ des Sängers durch die Herzen verzweifelter Schwiegermütter.
Mit beschwingtem Pop-Rock ("Walk Away") geht es auf Wiedergutmachungs-Tour, ehe der Clap-Hand-Schunkler "Can't Get Enough" und das unspektakuläre Maria Gadú-Duett "Alone" den Karren abermals in den Sand setzen. Mit akzentuiertem Cowbell-Spiel und frecher Attitüde nimmt der Barde auf "The Itch" wieder etwas Fahrt auf. Auch das ungewohnt alternativ instrumentierte "Feel This Way" und das angerockte "One In A Million" sorgen für leichten Bewegungsdrang in den Hüften.
Im Refrain von "Picture Me" geht es dann plötzlich richtig zur Sache. Das Schlagzeug scheppert und auch die Gitarren dürfen sich mal im Anschlagsbereich austoben. Schade nur, dass die Stimmfarbe des Protagonisten dem rotzigen Background herzlich wenig entgegen zu setzen hat.
Zum Ende hin geht Eagle-Eye dann komplett die Luft aus. Der abschließende Dreier, bestehend aus "Living The Life", dem gezupften "Free" und der gehaltlosen Schmonzette "Something" dümpelt eher gehaltlos vor sich hin.
Schlussendlich präsentiert sich Eagle Eye Cherry auf seinem Comeback-Album als leicht überforderter Möchtegern-Rocker. Immer wieder zwängt er sich krampfhaft in enge Röhrenjeans und Lederkutte. Während der Background im neuen Outfit eine fast durchgehend gute Figur abgibt, hat der Verantwortliche am Mikro hingegen reichlich zu kämpfen mit der neuen Kleiderordnung.
1 Kommentar
Ich finde den live geil.