laut.de-Kritik
Bemerkenswertes Projekt des Radiohead-Gitarristen.
Review von Connor EndtHinter dem Pseudonym "EOB" versteckt sich Radiohead-Gitarrist Ed O' Brien. Gewisse Parallelen zur Stammband kann aber auch das kryptische Kürzel nicht verbergen. Der Gesang bei "Shangri-La" könnte so auch direkt von Thom Yorke persönlich stammen. Tatsächlich hatte O' Brien während der zweijährigen Produktionszeit darüber nachgedacht, seinen Bandkollegen für den Gesang anzuheuern, entschied sich nach ersten Probeaufnahmen aber dafür, selbst das Mikro in die Hand zu nehmen.
Sehr viel mehr hat "Earth" mit Radiohead allerdings nicht zu tun. Vielmehr ist das erste Solo-Album des Gitarristen eine Mischung aus Folk und Rave geworden. Als große Inspiration gibt der Gitarrist "Screamadelica" von Primal Scream an. Diese Mischung aus akustischen und elektronischen Elementen zeigt sich besonders eindrücklich in der Single-Auskopplung "Brasil". Nach drei Minuten behutsam gezupfter Akustik-Gitarre schiebt sich eine Dance-Kick in den Mix und teleportiert einen vom Blockhaus direkt in den Club. Ähnlich funktioniert auch "Mass", dessen akustische Harmonie immer wieder von einem fies verzerrten Synthesizer gebrochen wird. Ein weiteres Highlight: der neunminütige Banger "Olympik". Spoken words treffen auf einen wahren Rhythmus-Teppich, gleichzeitig ist der Song vollgestopft mit musikalischen Ideen, die für eine eigene EP reichen würden.
Insgesamt klingt "Earth" aber nach einem relativ durchwachsenen Album, neben den erwähnten Genie-Stellenweise herrscht, was das Songwriting angeht, ziemliche Leere. Songs wie "Deep Days" oder "Long Time Coming" ziehen sich in die Länge und wirken eher wie Lückenfüller zwischen den ausufernden Neunminütern. Gerade bei "Deep Days" offenbart sich auch, dass O'Brien gesanglich relativ schnell an seine Grenzen stößt.
Trotzdem überzeugt "Earth" in seiner Gesamtheit durchaus. Neben spannenden musikalischen Ideen und abwechslungsreichen und detailverliebten Arrangements halten auch die Gastmusiker und Musikerinnen die Spannung aufrecht. O'Brien hat sich Drummer-Legende Omar Hakim für "Brasil" und "Olympik" ins Studio eingeladen, Wilco-Schlagzeuger Glen Kotche und Bandkollege Colin Greenwood stehen ebenfalls auf der Gästeliste.
Laura Marling begleitet O'Brian bei "Cloak Of The Night" . Die beiden ergänzen sich stimmlich perfekt. Gleichzeitig setzt das Stück einen schönen Schlusspunkt unter ein Album, das nur so vor musikalischen Einfällen strotzt. Neben Thom Yorkes Solo-Projekten und Jonny Greenwoods genialer Filmmusik reiht sich ein weiteres Radiohead-Mitglied ein in die Liga der bemerkenswerten Solo-Projekte.
1 Kommentar mit einer Antwort
Habe gerade mal bei der arbeit reingehört, ein dank an corona für das leere büro, macht richtig laune, ohne das es zu viel aufmerksamkeit einfordert.
+s