laut.de-Kritik
Willkommen im Schlafwagon des Rhythm'n'Blues!
Review von Ulf KubankeEric Clapton als rückwärtsgewandt zu bezeichnen, kommt einer Untertreibung gleich. Seit Jahren gefällt er sich in der Rolle des Nachlassverwalters des Blues'. Es scheint derzeit besonders 'in' bei alternden Superstars, die eigenen Wurzeln frei zu legen. Nach Phil Collins mit seiner Soul Hommage geht nun auch Old Slowhand weiter denn je back to the Roots. Archaisches Mississippi Delta, prähistorischer New Orleans Style und ein Hauch von Dixieland geben den Ton an.
Elegant? Gewiss, ganz wie der schlichte Albumtitel. Doch leider auch in großen Teilen langatmig und wenig spannend. Nach der energetischen Live-Vitalspritze mit dem alten Kumpan Winwood kommt der Engländer leider wieder als großer Narkotiseur um die Ecke. Willkommen im Schlafwagon des Rhythm'n'Blues!
An seinen Mitstreitern liegt es nicht. Mit Allen Toussaint hat sich der Gitarrenbarde eine echte New Orleans-Pianolegende ins Boot geholt. Der musikalische Zwilling J.J. Cale fehlt natürlich ebenfalls nicht, und erzkonservative Jazz-Housekeeper Wynton Marsalis ist ohnehin gern bei allem dabei, was der strammen Traditionspolizei Tränen der Rührung in die Augen treibt.
Und Clapton selbst? Gute Frage! Der Brite nimmt sich instrumental mittlerweile weit zurück. Man muss ihn schon mit der Lupe suchen. "River Runs Deep" ist solch ein klassisches Slowhand-Produkt, entspannt eingegroovt und unverwechselbar. Auch Irving Berlins Tin Pan Alley-Evergreen "How Deep Is The Ocean" gerät dank des überragend sensiblen Arrangements - Marsalis' Trompete am Ende nicht zu vergessen - zu einem echten Höhepunkt.
Das wars dann aber auch schon fast. Die meisten dieser Songs aus der Kreidezeit des Jazz und Blues kranken an akuter Blutarmut. Sehr simple Stücke wie "Judgement Day" oder "Can't Hold Much Longer" funktionieren nicht mit dem gewohnt körperlosen Allerweltsgesang Claptons. Die Emphase und der schwarze Schweiß sind komplett retouchiert. Die allzu brav gniedelnde Gitarre rundet das einschläfernde Bild ab. Übrig bleibt eine Anzahl steriler Blues-Imitate der Marke launig bis knuffig.
Claptons war ohnehin immer ein One-Song-Man, weniger der Alben-Typ. Da gab es nicht erst seit den 80ern Ausrutscher. Doch nun scheint die Versteinerung abgeschlossen. Mit "Clapton" erstarrt die pulsierende schwarze Musik zum Patina befrachteten Denkmal seiner selbst.
Das besonders hier so unerlässliche Transportieren und Assoziieren echter Gefühle weicht ganz bewusst einer weichgespülten Malen nach Zahlen-Variante. Am Ende bekommt der Hörer genau jenen Salonblues, mit dem man auch auf Sektempfängen von Firmenfusionen nicht aneckt. So viel Harmlosigkeit schmerzt.
Auf "Diamonds Made From Rain" arbeitet sich der "Layla"-Schöpfer gemeinsam mit Sheryl Crow bemüht, aber stimmlich überfordert durch eine Art Prince-Abziehbildballade aus der Feder seines Coproducers Doyle Bramhall. Nach ein paar weiteren Durchschnittsnummern klingt die Platte einigermaßen versöhnlich mit "Autumn Leaves" aus. Doch auch der unschlagbare Yves Montand-Klassiker hat in den sensiblen Händen Iggy Pops zuletzt eine viel herbstlicher anrührende Chanson-Figur gemacht. Beim ehemals kreativen Cream-Mann verkommt die schöne Melodie zum bloßen Easy Listening ohne Tiefgang.
Bezeichnenderweise heißt einer der vielen Beruhigungspillen "Rocking Chair". Man möchte dem guten Eric förmlich die Pantoffeln und das Pfeifchen zum Schaukelstuhl reichen. Vielleicht noch ein Heizkissen dazu? Nur eines möchte man nicht: noch eine weitere mediokre Clapton-Scheintot-CD. Denn wir wissen, der Mann kann um vieles mehr interessanter komponieren und interpretieren.
8 Kommentare
Wie so oft mit Plattenkritiken: Kann man auch komplett anders sehen. Die Platte ist von vorne bis hinten stimmig und hat durchgehend einen wundervollen Touch; laid back, ok. Sehr laid back, auch ok. Wer's anders mag findet auch bei CLAPTON selbst genug andere Alben.
Es kommt darauf an, was man erwartet! Von den letzten CDs Claptons ist "Clapton" mit Abstand die stimmigste. Das Gitarrenspiel ist durchweg songdienlich, lässt auch den anderen Mitmusikern Freiraum, und ist, Gott sei Dank, weit entfernt von so mancher "Gitarren-Onanie"
"Clapton" ist eine ruhige Blues-CD mit leichten Jazz Einflüssen und will auch nichts anderes sein. Die Produktion ist hervorragend, auch an diesem Punkt ist nichts auszusetzten.
Aber wie gesagt, es ist alles Geschmackssache! Auf einer anderen Website war "Clapton" die CD der Woche
er macht halt was er will und wird nicht so auf den Erfolg blicken. Dieser unfassbar lässige Meister!
Sieht auf dem Bild leider aus wie Willy Tanner von Alf
Das Album ist doch nun schon eine halbe Ewigkeit draußen... zumindest bestimmt schon 3 Wochen...
Also ich finde die Kritik von der "Laut"-Redaktion trifft es ganz gut.
Ein Album ohne großer Höhepunkte und nur etwas für eingefleischte Fans.
Wenn man sich Highlights und Stücke ala "Cocaine" erwartet dann ist man hier eindeutig auf dem falschen Dampfer.
Die Lieder klingen leider fast alle ziemlich eintönig und unkompliziert.
Alle Neugkeiten rund um Eric Clapton und sein neues Album findet man übersichtlich auf einer Seite:
http://eric-clapton.band-finder.com/
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