laut.de-Kritik
Kraft- und gefühlvoll inszenierte Coolness.
Review von Max BrandlEins gleich vorweg: Spätestens nach diesem Album kann selbst ein ewiggestriger House of Pain-Fan wie ich dem Ex-Frontmann dieser Combo wegen der Bandauflösung vor nunmehr rund elf Jahren nicht mehr böse sein. Wobei das ja schon 1998 bei Everlasts Solo-Erstling nicht mehr möglich war. Zu interessant, zu spannend und zu selbständig kam "Whitey Ford Sings The Blues" für den vorurteilsfreien Hip Hop-Fan daher.
Und interessant ist er bis heute: 2008 hat es Herr Schrody auf die Liebe, den Krieg und den "Geist von Whitey Ford" abgesehen. Nun. Die Liebe hat ja nun zumindest der eine oder andere Musikschaffende durchaus schon mal angeschnitten und auch das Thema Krieg ist spätestens seit der Ära George W. ein immer wieder gern aufgeschlagenes Kapitel der Songwriter-Zunft. Da kommt der geistreiche Abschluss dieses Dreiklangs schon deutlich persönlicher daher.
Nach dem einstimmenden Fanfaren-Intro gehts aber erstmal kriegerisch los: "Kill The Emperor" ist eine im Konjunktiv ausgeführte Kampfansage an die Obrigkeit und 'das System' der U.S. von A. – und nicht die letzte: Mit Titeln wie "Stone In My Hand", "Naked" oder auch dem (zumindest namentlich konsequenten) Instrumental "Throw A Stone" trägt Everlast dem zweitgenannten Aspekt gebührend Rechnung. Die Vorab-Single "Letters Home From Garden Stone" erzählt aus der Sicht eines Soldaten, reiht sich hier thematisch also ebenfalls ein, rollt einem musikalisch aber schon bedeutend weniger offensiv entgegen.
Was die diesbezügliche Klangcharakteristik betrifft, lässt sich mancherorts eine verstärkte Hinwendung des Künstlers zu seinem islamischen Bekenntnis ausmachen – ein Blick auf die Artworks des Albums unterstreichen diesen akustischen Eindruck. In der gegenüberliegenden Ecke des vermeintlichen Themen-Boxrings warten indes Tracks wie "Anyone", "Die In Yer' Arms" oder "Stay" auf ihre Runden vor dem Publikum.
Den Kennern der Vorgänger-Alben sei gesagt: Everlast erreicht keine neuen Höhepunkte, legt die Messlatte für 'Gestandene-Männer-Herzschmerzsongs' aber auch keinen Millimeter tiefer als bisher. Denn: Einmal mehr projiziert er mit seinem charismatischen Reibeisen-Organ und teilweise nur von der Gitarre begleitet ("Friend") diese schaurig-schönen Offenbarungen in einer rauhen Welt ("Everyone") auf die Gänsehaut des Zuhörers – wenn man ihn denn lässt. Eine Pathos-Allergie sollte man zur Vorstellung jedenfalls nicht mitbringen.
Für die musikalische Ausgestaltung der Stücke verlässt sich Everlast wiederum auf Altbewährtes: Vornehmlich Gitarren, Streicher und Drums, allesamt live eingespielt, ergeben zusammen mit der stimmlichen Präsenz des Maestros einen großartig-melancholischen Soundtrack.
Bleibt zu beantworten, wo sich denn da bei gerade mal 15 amtlichen Tracks jetzt auch noch ein Geist namens Whitey Ford rumtreiben soll. Die einfache Antwort: Wie sich das für ein anständiges Gespenst gehört, spukt es durch das gesamte Album, durchdringt alle Songs und taucht nur manchmal höchstpersönlich auf – am ehesten vielleicht in "Tuesday Morning".
Der eine oder andere mag die wandernde Seele vielleicht auch in der Cypress Hill-Anleihe für die Cash-Adaption "Folsom Prison Blues" vermuten. Hier lassen, wenn auch nur noch schwach, alte Soul Assassins-Zeiten grüßen. Aber selbst wenn sich in diesem Album eine weitere Abkehr von Everlasts Rap-Wurzeln abzeichnet: Er entschädigt die Fanbase aus frühen Tagen mit einem gefühl- und kraftvollen, sowie erwachsenem Stück Coolness der Sorte Ford. Und wer Everlast sowieso nur dank "What It's Like" auf dem Radar hat, kommt hier erst Recht auf seine Kosten. Word.
19 Kommentare
gute review, aber leider steht da kein wort davon, dass everlast seit einiger zeit auch mit der supergroup 'la coka nostra' mächtig für furore sorgt (bald kommt auch endlich das album!). denn wer everlast mag, wird coka nostra lieben.
erstes lied gestartet. gewundert... etwas leise die fanfare.
anlage etwas aufgedreht. in dem moment setzte dann aber auch schon das lied ein.
der rest des albums erzeugte ein breites grinsen meinerseits.
@Liam Lennon (« denn wer everlast mag, wird coka nostra lieben. »):
und wehe das stimmt nicht
@ Liam Lennon:
La Coka Nostra ist bekannt und wird mehr als heiß erwartet, hat aber in einer konkreten Everlast-Plattenbesprechung nix verloren. Die House Of Pain (http://www.laut.de/wortlaut/artists/h/hous…)-Bio ist aber diesbezüglich upgedatet.
Yeah, neues von Whitey Ford!
"denn wer everlast mag, wird coka nostra lieben. "
ist doch unsinn, warum sollte jemand der everlast solo mag, auch auf everlast mit slaine, ill bill, danny boy, muggs & lethal etc im gepäck stehen? ich geb zu, ich mag die LCN tracks ganz gern, aber dat is ne ganz andere schiene als everlast solo.
Das Album ist mal wieder eine ganz starke Performance...freue mich schon auf 2011...oder wann auch immer eine neue Scheibe an den Start geht