laut.de-Kritik

Leichtbekleidete Fürstin singt liedgewordenes Arschgeweih.

Review von

Fergies neues Album ist so sehr am Puls der Zeit, es sollte seine eigene StudiVZ-Gruppe bekommen. "Double Dutchess" proklamiert die ehemalige Black-Eyed-Peas-Frontfrau elf Jahre nach "The Dutchess", aber Ansprüche auf Krone oder Adelstitel im Pop hat sie damit keine. Egal, wie sehr HD der Sound daherkommt und viel die Plattenfirma für eine State-of-the-art-Produktion springen ließ: Das hier klingt einfach, als wäre es schon zigfach da gewesen – und zwar in besserer, frischerer und neuerer, zumindest in weniger ausgelutschter Form.

So schlecht, wie sie später wird, beginnt die Platte gar nicht, wie Fergie da mit Rick Ross im auf zappenduster getrimmten Stück "Hungry" rappt. Das klingt noch einigermaßen zeitgemäß, mindestens wie 2012. Eine begnadete Rapperin ist Fergie nicht, sie versucht es trotzdem. Dann wirft sie große Schlagworte ins Rennen: "Hungry, ambitious", damit will sie sagen, dass sie gerne wieder Platz Eins wäre. Den haben aber seit ihrem Zenit sowieso ganz andere Kaliber übernommen, Fergie hechelt nun hinterher.

Schon mit "Like It Ain't Nuttin" wird's ganz schlimm. Da möchte die leichtbekleidete Fürstin musikalisch eine sinistre Version von "Hollaback Girl" hinkriegen – und fordert alle Ladies auf, sich auf den Brustkorb zu fassen und mit der Oberweite zünftig zu wackeln. "I'm talkin' 'bout my ladies, rub on your titties / Yeah, I said it, rub on your titties Ladies, rub on your boobies / Yeah, fuck it, I said it, rub on your boobies / I don't mean to hang with these ladies with booties / We loud and we crazy like we in a movie." Man greift sich an den Kopf, es klingt so verzweifelt. Gegen dieses Stück sind sogar "My Hump" und "I Got A Feeling" von ihrer ehemaligen Band wahre Perlen, sowohl lyrisch als auch musikalisch.

Auch das Stück "M.I.L.F $" – allein der fürchterliche Titel ist das liedgewordene Arschgeweih – bietet textlich bemerkenswertes: "You got that, you got that, you got that milk money / I got that, I got that, I got that MILF money / You got that, you got that, you got that milk money / I got that, I got that, I got that MILF money". Und weiter: "Heard you in the mood for a little MILFshake / Welcome to the Dairy Dutchess Love Factory".

Und wenn sie nicht die verwegene, grimmige, geldscheinwerfende, brustwackelnde M.I.L.F. mit Dollarzeichen gibt, präsentiert sie gefühligen R&B im Hochglanz-Sound und gebrochene Herzen. Das klingt nicht ganz schlimm, bleibt aber immer generisch. Nicki Minaj rettet "You Already Know" noch einigermaßen, für den "Awww"-Effekt darf auch das vierjährige Söhnchen Axl Jack ran.

"Love is Blind" bietet zum Finale dann noch ein bisschen Dub und Reggae, "Love Is Pain" biegt pathetisch in die Zielgerade. Dieser Shit ist leider gar nicht bananas, b-a-n-a-n-a-s, auch wenn sie das gerne hätte und nein, man möchte keinen Milfshake. Sie habe sich für dieses Album von Beyoncé inspirieren lassen, erzählte Fergie in einem Interview. Das Problem ist nur, dass sie weder in der selben Liga, geschweige denn in der selben Sportart spielt.

"Double Dutchess" hechelt Trends derartig verzweifelt hinterher, dass man selbst beinahe atemlos zurückbleibt. Das einzige Körperteil, das hier wackelt, ist der sich schüttelnde Kopf.

Trackliste

  1. 1. Hungry (feat. Rick Ross)
  2. 2. Like It Ain't Nuttin'
  3. 3. You Already Know (feat. Nicki Minaj) [Interlude Version]
  4. 4. Just Like You
  5. 5. A Little Work
  6. 6. Life Goes On
  7. 7. M.I.L.F. $
  8. 8. Save It Til Morning
  9. 9. Enchanté (Carine) [feat. Axl Jack]
  10. 10. Tension
  11. 11. L.A.Love (La La) [Feat. YG]
  12. 12. Love Is Blind

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9 Kommentare mit 13 Antworten

  • Vor 7 Jahren

    Hm, wenn man hier alle Lieder, die verkrampft auf Hip-Hop machen wollen rausschneidet (also grob über die Hälfte), dann hat man hier eigentlich eine grundsolide Pop EP. Es ist nunmal aber keine EP, und diese Tracks haben dem Fass nicht nur den Boden ausgeschlagen, sondern ein Loch im Asphalt hinterlassen, das man erstmal wieder flicken muss, damit da wieder Autos drüber fahren können.

    Sie verschwendet ihr Talent als Sängerin auf einer Ebene, die menschlich echt fast kaum begreiflich ist. Unfassbar.

    1,5/5

    • Vor 7 Jahren

      "[D]diese Tracks haben dem Fass nicht nur den Boden ausgeschlagen, sondern ein Loch im Asphalt hinterlassen, das man erstmal wieder flicken muss, damit da wieder Autos drüber fahren können."

      Das klingt als käme es direkt aus dem speedi-Metaphern-Handbuch.

    • Vor 7 Jahren

      Ich war seit Ewigkeiten nicht mehr auf laut aktiv, deshalb muss ich das jetzt erstmal glauben. Ich wollte im Endeffekt einfach eine Metapher bringen, die ungefähr so kreativ und kompetent ist, wie Fergies Versuche zu rappen.

    • Vor 7 Jahren

      Der Unterschied zu Meuri ist, dass diese Metapher tatsächlich irgendwie schlüssig ist.

  • Vor 3 Jahren

    Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.

  • Vor 3 Jahren

    Also die Songs You Already Know und M.I.L.F.$ find ich ziemlich genial. Rest muss ich mir noch anhören.