laut.de-Kritik

Juhu, Bespaßung.

Review von

Die Post-Spaßgesellschaft frisst ihre Kinder, aber: The Bespaßung must go on. Mit "Teenager Vom Mars" steigen Fettes Brot auf dem gleichnamigen neuen Album schon mal direkt und rigoros mit dem absoluten Schaffenstiefpunkt ihrer Laufbahn ein.

Nachdem "die Brote", wie man gerne zu denen sagt, nach einer kurzen, aber länger geplanten Bandpause und einem eher in die Hose gegangenen Solo-Versuch von König Boris, der sich extra dafür voll crazy das Gesicht bemalte, schon mit "3 Is Ne Party" die alten Fans nur noch bedingt beglückte, stehen die von Natur aus Nordischen nun als Ü-40-jährige Teenager vom Mars auf der Matte. Dazu gibt's auch irgendeine derbe Geschichte oder so, die Aliens haben die Welt übernommen, das schreit nach Spaß-HipHop-Konzeptalbum und jeder Menge Fun für alle. Und siehe da: Chipmunks-Refrain, Zielgruppe Pubertätsbeginn und Crazynessfaktor 2000, Digger - "Juhu! Teenager vom Mars! Eure Lieblingsstars". Das tut schon beinahe weh.

Aber das Gute an der Sache: es wird nicht mehr schlimmer, sondern sogar ein bisschen besser. "K.L.A.R.O." ist unschuldige Selbst-Feierei mit Swag rausholen und der Derbste sein (wollen). "Mehr Haare als Klaus Meine, mehr Küsse als Prince / Number One von der City bis in die Provinz" und irgendwas mit "Deutschland geilster MC". Stimmt natürlich nicht, aber das macht auch nichts. "Hip Hop ohne uns ist wie die Enterprise ohne Spock" sagen die derben Aliens und fragen "Bin ich deine Number One?". Das nennt man rhetorische Frage. "Mein Haus" ist dann ungefährlich gleich unspektakulär, hat aber einen lustigen Disco-Refrain mit Autotune, später hauen die Brote auf die Kacke und sagen, dass sie alle Autos weghaben wollen, überhaupt gibt's in all dem Ulk auch Gesellschaftskritik.

"Von der Liebe" beginnt dann mit so einem Gitarrenlick, das auch aus einem Song von Paul-Kalkbrenner-Stück aus "Berlin Calling"- Tagen stammen könnte. Und ist dann auch das beste, nachdenklichste und sozialkritisch geglückteste Stück der Platte. "Sie halten uns für misslungen / Wir halten sie für zu dumm / Denn sie wissen nichts von der Liebe".

Bald wird's aber wieder allzu gefällig: "Du Bist the Shit", das ist hohe Slogankunst (hüstel), das ist Merchandise-Planung, das ist sowas wie "Das Kompliment" der Brote: "Du bist the shit, im Sinne von super, im Sinne von Yeah Yeah Yeah Yeah". Später wird es dann sogar Cro'esk unbeschwert: "Sag mir wer uns stoppen soll, denn ist alles möglich". Gut ist das leider nicht.

"Alle hören jetzt Schlager" soll eine profunde Kritik an der Arschgeweih- und Schlagergesellschaft sein, bleibt aber in Plattitüden verhaftet und lebt von einem unsäglich nervenden Chorus: "Alle hören jetzt Schlager, alle hören jetzt Schlager, da wird man ja zum Schläger".

Besser wird's dann erst wieder bei "Girlfriend", einer Liebesretrospektive aus der Zukunftsperspektive. "Manchmal denk ich noch an dich, wenn ich betrunken bin / Und wünsch mir es wäre wieder 2017" - Boy sehnt sich nach Girl, das er damals "auf der Oasis-Reunion" kennengelernt hat, sentimental und lustig zu gleich - man würde sich mehr solcher Stücke auf "Teenager Vom Mars" wünschen.

Überhaupt ist man am Ende der Platte beinahe versöhnt: Auch "Emmely" ist eines der guten Stücke dieser Platte: hier geht's um jene Berliner Supermarktkassiererin, die wegen Pfandmarken im Wert von 1,30 Euro gekündigt wurde und im Anschluss vor Gericht ging. Die Nachhut macht dann "Das Letzte Lied Auf Der Party", Elektro-Pop für die Afterhour, ein wenig Autotune, viel Frühmorgen-Optimismus und Dur-Kadenzen.

Man wünscht sich, die schlechten Stücke der Platte einfach vergessen zu können, denn in den geglückten Momenten von "Teenager Vom Mars" macht die Bespaßung auch durchaus wirklichen Spaß. So bleibt es aber leider ein wirklich schwaches Album mit ein paar wenigen Ausreißern. Ganz schön low, eigentlich. Schade drum.

Trackliste

  1. 1. Teenager Vom Mars
  2. 2. K.L.A.R.O.
  3. 3. Mein Haus
  4. 4. Von Der Liebe
  5. 5. Gegenmodell
  6. 6. Du Bist The Shit
  7. 7. Alle Hörn Jetzt Schlager
  8. 8. Eure Autos
  9. 9. Boyfriend
  10. 10. Meine Stimme feat. Fatoni, Felix Brummer, Kryptik Joe
  11. 11. Ganz Schön Low
  12. 12. Emmely
  13. 13. Das Letzte Lied Auf Der Welt

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