laut.de-Kritik

Erdige Grooves, aber jede Menge Reggae-Klischees.

Review von

Entdeckt Italien gerade jamaikanische Klänge oder treiben inzwischen lediglich die Vertriebsstrukturen derart aus, dass man jetzt auch hierzulande mitbekommt, was der Stiefelstaat dahingehend zu bieten hat? Nach Smoke liegt innerhalb weniger Wochen der nächste italienische Reggae-Act auf dem Tisch - und auch dieser erfreut mit grundsolider Wertarbeit.

Die Dame Franziska erweist sich als ordentlich gespaltene Persönlichkeit: Hinter dem harmlos tönenden Mädchennamen verbirgt sich eine voll ausgestattete Combo. Erdige Grooves, leichtfüßig instrumentierte Tunes, wehmütige Melodien, eingängige Hooklines und weite, hallende Dubs: All das geht den blendend aufeinander eingespielten Herren mühelos von kundigen Händen.

Die Stimmen der Vokalisten korrespondieren hervorragend. Für Gastsänger wie Freddie McGregor oder Bunna aus den Reihen von Africa Unite findet sich dazwischen trotzdem jederzeit ein angemessenes Plätzchen. Angenehm, so der alles durchdringende Eindruck. Um nicht zu sagen: Nice.

Schade nur, dass Franziska im Sound und insbesondere bei der Themenwahl so wenig Eigenständigkeit walten lassen. Am musikalisch interessantesten geraten "People Rise" und "Yeah Yeah", in denen Bläsereinsätze den vorsichtigen Abstechern in den Dancehall wahre Exklusivität verleihen. Abgesehen davon beackern Franziska Modern Roots-Gefilde, die schmackhafte, aber deswegen noch lange keine außergewöhnlichen Früchte abwerfen. Schade, das.

Als schlimmer empfinde ich jedoch die inhaltliche Einfallslosigkeit: "More Love" predigen mag ein ebenso zeitloses Unterfangen sein wie das ewig währende "Fighting For Freedom". Wer dazu aber auch noch unbedingt "The Herb" preisen und gegen das allgegenwärtige babylonische System wettern muss, darf sich nicht wundern, wenn der Vorwurf lautet: jedes erdenkliche Reggae-Klischee erfüllt.

Ein wenig mehr Originalität, und "burn dem out with a little roots and culture, play some positive vibes and burn dem evil mind" funktionierte möglicherweise besser, als wenn man ihnen stets die Option offen lässt, sich mit einem berechtigten "Hatten wir alles schon hundertmal" gähnend abzuwenden.

Mit den "positive vibes" klappt es schließlich bereits ganz gut: Da darf auch mal eine E-Gitarre aufjaulen, eine Melodica oder gar ein Saxophonsolo ertönen, dürfen Klaviertasten müßig durchs Klangbild klimpern oder aber quakende Orgeltöne sich verbreiten. Im Fall Franziska unterschriebe ich eine Aussage sofort: "Action Speaks Louder Than Words."

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. More Love
  3. 3. Ask Dem Why
  4. 4. Action Speaks Louder Than Words feat. Sean Martin
  5. 5. Fighting For Freedom feat. Lathly
  6. 6. The Herb
  7. 7. People Rise
  8. 8. Down To The Ground feat. Bunna
  9. 9. Weh Dem A Try
  10. 10. The Next Big Thing
  11. 11. Peace Of Mine
  12. 12. Big Ship feat. Freddie McGregor
  13. 13. Dun Wid Di Crime feat. High Priest
  14. 14. Yeah Yeah (Dancing Time)
  15. 15. Down To The Dub
  16. 16. Ask Dem Dub
  17. 17. Fighting For Dub

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2 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    Also ich finds recht chillig und entspannt. Klar, die Texte sind natürlich klischeemäßig und relativ unoriginell aber ich muss nun auch nicht ständig die inhaltlich anspruchsvollsten Sachen hören sondern kann mir durchaus zwischendurch auch mal Musik reinziehen die einfach gut klingt (und das ist hier definitiv der Fall wie ich finde). Und wenn man sich schon dauernd mit dem Problemen dieser Welt beschäfigt, hat man ja zumindest zwischendurch vielleicht auch mal Lust, kurz die "herbs" zu preisen ;)

    :)