laut.de-Kritik

Anti-pompöses Tanzwerk mit klugen Spielereien.

Review von

Pomp ist Trumpf. Wahrscheinlich nicht nur dem 80er-Revival haben wir es zu verdanken, dass derzeit überall instrumentelle Extraportionen serviert werden, mit immer noch einem Sahnehäubchen an Produktion, an Streichern und Tonspuren mehr. Die Gods Of Blitz allerdings halten ihr zweites Album "Reporting A Mirage" von derlei Tendenzen frei. Extrem sparsam bedienen sie sich ihrer Instrumente und gelangen damit zu einem fast knochentrockenen Klang. Bereits im Einstiegstrack "New Wave Wipe-out" deutet sich dieser programmatische Kehraus an.

Dieser aber kann durchaus seine saftig schönen Momente haben. So lässt Sänger Sebastian Barusta Gäbel seine Stimme im Refrain von "Just A Hero" beim entscheidenden Wort "Hero" charmant ein wenig überschlagen. Die Spielweise der Band wird zum minimalistischen Bett für eben jene nicht-instrumentellen Spielereien. Auch textlich ziehen die Götter einiges aus der Trickkiste, was sonst drin bleiben muss: "Revolution doesn't change anything / if it's too slow / That's no life, it's a replica / it's a life replica". Damit sprechen sie nicht nur immer wieder gern zitierte Theorien der Postmoderne an, sondern schicken auch sozialkritische Blitze an die Song-Oberfläche.

Immer wieder auch deuten sich in lang gezogenem Gesang und unkonventioneller Notenführung große gesangliche Melodien an. Partout wollen die Instrumente diesen aber nicht folgen, sondern bleiben in ihrer stoischen Gleichförmigkeit. Ändert sich diese doch mal, zum Beispiel in Form des Rhythmus', hört man große Namen wie Franz Ferdinand ("A Life Replica" lässt an "Take Me Out" denken). "The Human Race" kommt dicht an den typischen Stil der Strokes heran. Wieder zieht Gäbel seinen Gesang Casablancas-mäßig in die Länge, der Rhythmus klingt ebenfalls nach New York. Über den wenigen Akkorden liegt eine frische Melodie und ein kurzes, erneut sehr klares und schnörkelloses Bass-Solo. Lustig erscheinen in der latent melancholischen, in Moll in Erscheinung tretenden Stimmung des Albums Späße wie Refrain-Hintergrund-Gesang, der an Boygroup-Zeiten der Neunziger erinnert ("Modern Creation").

Ihre wirklich großen Momente findet die Band in Stücken wie "I Know That You Know". Im Refrain klettert die Melodie raffiniert am Rhythmus hoch und erreicht so innerhalb nur eines Hörgangs erstaunlichen Wiedererkennungswert. Während hier Background-Gesang und eine sich zunehmend verzerrende Gitarre fast schon so etwas wie klangliche Dichte erreichen, staubt Track elf "Now" vor trockener Reduziertheit wieder: Die Refrainzeilen "Now (geschrieen) / everyone’s infected" im Refrain passen seidig zur knackigen Zurückhaltung der Instrumente. Mit herrlichem Hausgemachten wie diesem zimmern die Gods Of Blitz damit ein solides, kluges Tanzwerk für Nächte voller Indie.

Und dennoch stellt sich spätestens bei Song neun eben dort womöglich beschriebenes Gefühl ein: "Ennuie", im Englischen und Französischen: Langeweile. Durchzogen von nahezu stets gleichem Rhythmus und dem wohl stilbildenden Understatement der Instrumente wirkt "Reporting A Mirage" zuerst einförmig, schließlich mittel-öde. Beinahe jedes Lied für sich allein funktioniert bestens. Zu einem Dutzend auf einem Longplayer gestapelt allerdings möchte man sie im stillen Kämmerlein doch irgendwann dem Stop-Knopf des CD-Players zuführen.

Trackliste

  1. 1. New Wave Wipe-out
  2. 2. Reporting A Mirage
  3. 3. A Life Replica
  4. 4. I Know That You Know That I Know
  5. 5. Security
  6. 6. Modern Creation
  7. 7. Think About The Missing Link
  8. 8. Just A Hero
  9. 9. Ennuie
  10. 10. Times Of Paranoia
  11. 11. Now
  12. 12. The Human Race

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4 Kommentare

  • Vor 17 Jahren

    hm...die kritik triffts eigentlich ziemlich. das problem ist nur, dass bei laut.de stolen horse nur 2/5 bekam, reporting mirage also nur 1/5 bekommen hätte dürfen - da die 3/5 aber durchaus berechtigt sind, wäre es wohl sinnvoller gewesen, stolen horse 4/5 (oder zumindest 3/5) zu geben.
    ich find reporting a mirage nicht schlecht, nur ein bißchen glatt und poppig produziert, so als wolle man nun endlich auch in den charts landen. stolen horse ist eindeutig besser, rockt viel mehr, was sich auch live bestätigen lässt.

  • Vor 17 Jahren

    also, ich bin der Meinung das Album is gut produziert und es hat sich, wenn zwar nicht sofort, dann doch nachhaltig in mein Gehör eingebrannt
    Ich finds sehr geil, rockt definitiv

  • Vor 17 Jahren

    Also ich muss sagen, dass ich Stolen Horse auch besser fand! Das Album ist gut, Zweifellos aber Live sind die Jungs einfach besser! Das Album ist für mich mehr eine schöne Erinnerung an viele geile Konzerte!!! :lol: