laut.de-Kritik
Finde mich geil oder ich schieße!
Review von Jasmin LützDem Titel nach sollte man wohl lieber nichts Böses über das fünfte Black-Studioalbum schreiben. Auch das Cover zeigt eine etwas aggressive Haltung gegenüber seinen Mitmenschen. So nach dem Motto: "Find' mich geil, oder ich schieße!"
Keine Sorge Baby, ich mag deine Lieder. Endlich hast du dir deine abartige Mischung aus Cranberries-Heul-Attacken und der unerträglichen U2-Barmherzigkeit abgewöhnt. Deine Akustikgitarre beherrscht nun komplett das Folk-Pop-Universum, keine verstörten Rockausbrüche mehr, die deine Singer-Songwriter Qualitäten verderben. Geil!
Mr. Black zieht also die warmen Töne und das akustische Beiwerk endlich mal vom Anfang bis zum Ende radikal durch. Aber unter uns gesagt, der Mann kann keiner Fliege was zu Leide tun. Da muss man nur mal in das erste Stück hinein hören.
Gut, die Verzweiflung ist da, aber Gus bevorzugt die verbale Konfrontation. Mit "Today Is Not The Day To Fuck With Gus Black" droht er wohl eher dem Musikbusiness, wo ihm der ein oder andere schön öfter ans Bein pinkelte. Damit ist jetzt Schluss. Er zieht sein Ding durch und dabei steht die Ehrlichkeit weit im Vordergrund. Auch wenn er zeitweise nur ins Mikro haucht und sich vorwiegend alleine mit der Akustikgitarre betört, bekommt er dabei massive Unterstützung diverser Musiker. Mit denen erlebt man auch kurze, rebellische Momente ("Out On The Amsterdam"). Eine kontrastreiche Selbstdarstellung mit einem Hang zum Widerspruch.
Die eingängige Harmonie verdankt er seinen Leidensgenossinnen HT Heartache und Constance Baker, die ihn nicht nur gesanglich begleiten, sondern auch an den Texten von "Variations On A Theme Called Honesty" und I've Been Trying To Pretend You Don't Exist" mitwirkten. Überhaupt war es eine sehr gute Entscheidung die komplette Band mal auszutauschen.
Da sind Mitglieder von Eels zu hören, bei denen Gus auch im Vorprogramm auf der Tour in Europa zu hören war. Dann ist der Keyboarder von den Turin Brakes dabei, Schlagzeuger Jay Bellerose, der auch schon für Aimee Mann oder Suzanne Vega sanft die Trommeln schlug, und die Bassistin Jennifer Kondos, die sonst Ryan Adams rhythmisch unterstützt.
Die singende Säge von Lady Midnight und Geigen-Geschmeide von Violinistin Daphne Chen ("Blood And Belonging") betonen das Gefühlige. Der Hörer wird mit Blacks Intimität frontal konfrontiert, ob er will oder nicht. Die Lieblingshymne für den versauten Alltag ist eindeutig "I'm Fucked". Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Außer, dass Black 2006 von iTunes zu den besten Singer-Songwritern gewählt wurde. 2008 kann man das noch einmal mehr bestätigen.
1 Kommentar
tolle rezension, tolle kompositionen!
gus black hat seinen leonard cohen-artigen songwriteranspruch einmal mehr unterstrichen.
diesmal auch textlich interessanter