laut.de-Kritik
Durchwachsenes Collabo-Album u.a. mit NIN und Poppy.
Review von Sven KabelitzHealths Veröffentlichungspolitik wird immer weirder. Wie einst bei den Pet Shop Boys dienten die Disco-Alben anfangs noch als Remix-Ansammlung der vorher veröffentlichten Longplayer. Von diesem Ansatz bleibt auf "DISCO4::PART II" nichts übrig. Nun bieten sie eher einen Ort um sich ungeniert auszutoben.
Bereits "DISCO4::PART I" stand im Zeichen der Zusammenarbeit mit anderen Künstler*innen wie 100 gecs, JPEGMAFIA und Soccer Mommy. Der Nachschlag featuret unter anderem Poppy, Lamb Of God, Ho99o9 und – Tusch – den Nine Inch Nails. Wer immer gerade an ihrer Seite spielt, ist wie auf dem Kinderspielplatz für ein paar Minuten Healths BFF. Eine unverkrampfte Herangehensweise, die "DISCO4::PART II" besser als das letzte reguläre Album "VOL.4 :: SLAVES OF FEAR" dastehen lässt.
Schon der mit der längst zur dunklen Seite der Macht gewechselten Poppy entstandene Opening-Track "Dead Flowers" gelingt gewaltig. Millers schleppendes Rumpelschlagzeug und Duzsiks Gitarre harmonieren ausgezeichnet mit ihrer entrückten Stimme. Ein atmosphärisches Bewerbungsschreiben für die kommende "The Crow"-Neuverfilmung.
Die darauf folgende Zusammenarbeit mit Nine Inch Nails kann doch nur brachial und mindestens brillant werden - denkt man sich zumindest. Womit wir bei bereits der ersten Enttäuschung wären. Sicher ist "Isn't Everyone" nicht schlecht, bleibt aber weit hinter dem zurück, was drin gewesen wäre. Einerseits zu brav, anderseits zu unmelodisch weiß das Ding nie so ganz, was es eigentlich darstellen mag und zieht sich durch seine Spielzeit, ohne großartig Eindruck zu hinterlassen. In seiner Mittelmäßigkeit liegt das Ärgernis des Tracks.
Bereits mit "Murder Death Kill" offenbart sich das größte Problem an "DISCO4::PART II". Funktionieren die meisten Tracks im Einzelnen, verfügen sie zusammen genommen zu oft über die selbe Geschwindigkeit, was über die gesamte Spielzeit schnell zu Ermüdungserscheinungen führen kann. Egal, wer Health gerade zur Seite steht.
Während Lamb Of God und Health in "Cold Blood" eher nebeneinander her spielen, entsteht in der Zusammenarbeit "AD 1000" mit dem Experimental Metal-Duo The Body eine ganz eigene Verzweiflung, die nach zwei Dritteln des Stücks in den schönsten Moment des Albums mündet. Ein experimentelles Stück voller Hilflosigkeit, in dem Chip Kings Screams auf Duzsiks so klare Stimme treffen.
Das mit der Industrial Band Street Sects entstandene "The Joy Of Sect" bedient mit seinen New Wave-Schlagzeug und den eingängigen Synthesizern beispielhaft die Wünsche des gepflegten Goth-Wunschzettels. Nur gelegentlich durchbrechen Screams die harmonischen Vocals. Im stabilen "These Days 2.0.2.1." verzichten Health zum Ende gänzlich auf Unterstützung, sind kurz noch einmal die Band, die man hoffentlich bald wieder auf einem regulären Longplayer hören kann.
Wie üblich bei solchen Collabo-Alben bleibt auch "DISCO4::PART II" ein wechselhaftes Spiel, bei dem manche Acts besser mit Health zusammen wachsen als andere. Nie weiß man, was einen bei der nächsten Zusammenarbeit erwartet. Doch genau das ist doch ein Teil des Spaßes. Letztendlich überwiegen die gelungeneren Momente.
1 Kommentar
"Durchwachsen" beschreibt die Band generell ganz gut. Nett, und alles schon mal in prägnanter dagewesen.