laut.de-Kritik

Best-Of-Album mit Publikumsgeräuschen.

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"Hört ihr mich?" haucht die Helene-Stimme vom Band in Richtung der Menschenmenge. Das prunkvoll aufgezogene Intro macht deutlich: Hier hört man einen der aktuell größten Stars der deutschen Musikszene.

Die "Helene Fischer Stadion-Tour" ist bereits das achte Live-Album der Schlager-Queen in neun Jahren. Auf zwei CDs mit circa 2,5 Stunden Spielzeit, kann sich der Hörer hier einen Großteil ihrer Diskographie zu Gemüte führen. Es grenzt fast schon an Absurdität, wenn man sich vorstellt, dass es Menschen gibt, die noch immer auf eine derartige Platte brennen. Bei allem Respekt vor dem Einfallsreichtum der Helene-Fischer-Crew, kann es doch kaum möglich sein, dass sich diese Alben stark von einander unterscheiden.

Ein kurzes Reinhören macht deutlich, dass es andere Kriterien sind, die den Helene-Fischer-Fan zum Kauf der Platte antreiben. Es ist ein Franchise-Produkt, mit der Funktion, die Live-Magie auch beim Autofahren erleben zu können. Man kann gespannt sein, was sich einer der größten Stars der deutschen Musik dieses Mal hat einfallen lassen.

Mit einem Knall startet der Zirkus. Schon der Opener ist an Pathos und Extremen schwer zu überbieten: "Euer Applaus ist wie Musik" sagt die ohrenbetäubende Stimme vom Band, "Musik ist für mich Liebe" beteuert sie und schießt erst einmal eine große Ladung Konfetti in die Menge. Kein langsames Herantasten also.

Der erste Song "Spürst Du Das", eine Mischung aus Fußball-Stadion-Hymne und 'König der Löwen'-Soundtrack, dessen Pausen mit zahlreichen "Hallo Hamburg"-Begrüßungen gefüllt werden, lässt keinen Zweifel: Hier geht es einzig und allein um die Show. Das Publikum soll staunen, mitsingen, jubeln und – so wie man es aus dem Schlager kennt – konstant im Takt klatschen. Vor allen Dingen letzterer Stereotyp bestätigt sich schnell.

Die Musik ist zweitrangig. Es ist ein Disneyland-Besuch für Ü40-Muttis mit viel Alkohol. Die Musik passt sich dem perfekt an. Neben ihren eigenen Hits spielt die Frau Evergreens wie Matthias Reims "Verdammt, Ich Lieb Dich" oder Mash-Ups der Musikgeschichte. Egal wie wenige Songs man kennt, egal wie viele Piccolos man schon intus hat – mitsingen geht hier immer und wird vehement gefordert. Kein Song vergeht, in dem die Bühnen-Entourage nicht das Publikum begrüßt, "Danke" sagt oder den Laden einheizt. Auch Konfetti wird nicht einfach nur geschossen, sondern wie eine Jahrmarktsattraktion angekündigt.

Es ist, losgelöst von der Musik, einfach eine andere Show, als das was man aus dem Rest der Musikwelt so kennt, denn Frau Fischer wirkt wie eine Mischung aus singender Protagonistin und Kirmesansagerin. Um der Vorstadt-Feier-Menge gerecht zu werden, fährt sie vor allen Dingen die Party-Schiene: Aufgänge, Drops und immer wieder ein Touch Epos dienen als Zutaten für das Feier-Potpourri.

Erwähnenswert ist auch das "90s Medley": Für das sechsminütige Power-Play wurde extra ein Anheizer engagiert, der ähnlich wie die frühere Definition des MCs lediglich zur Publikumsanimation auf der Bühne steht, anfeuert und auffordert. Im Hintergrund performt die Sängerin "Rythm Is A Dancer", "I Like To Move It" und "Let's Get Loud".

Das wirkt - nach wenigen Minuten fühlt man sich wie in eine Ü40-90er Party versetzt. Plötzlich steht man auf der Tanzfläche, umringt von Frauen in selbstbedruckten Junggesellinnenabschieds-Shirts, mit feschen Kurzhaarfrisuren und Deutschland-Partyhüten, die "What Is Love" singen und beim Tanzen ein bisschen Sekt verschütten.

Der Sound des Live-Albums tut alles dafür, dieses Gefühl zu konservieren. Wie bei einem Werbevideo der Tomorrowland-Live-Shows ist das Geschrei und Geklatsche der Besucher omnipräsent. Hinzukommt das ständige Anfeuern, Begrüßen und Bedanken. Nun kann sich wirklich jeder Hörer vorstellen, was ein Helene Fischer-Konzert wohl für eine unglaubliche Sause ist.

Es ist sicherlich eine mühsame und beeindruckende Show, die sich das Team um die Schlagersängerin da ausgedacht hat. Auf CD funktioniert diese jedoch nur sperrig. Dadurch, dass hier keine großartige Liveband am Start ist, die die Musik der Studio-Songs mit einem extra Tick Energie pushen, ergibt das Album musikalisch einfach keinen Sinn. Der Fokus liegt einfach viel zu sehr auf Bühnen,- Kostüm- und Lichtgestaltung. Es ist de facto ein Best-Of-Album mit Publikumsgeräuschen, Ansagen und dem Beweis, dass Helene Fischer anständig singen kann - auch wenn sie die Chance, sich hinter ihren zahlreichen Background-Sängerinnen zu verstecken, das ein oder andere Mal wahrnimmt.

Trackliste

  1. 1. Spürst Du Das
  2. 2. Flieger
  3. 3. Phänomen
  4. 4. Fehlerfrei
  5. 5. Hit Medley
  6. 6. Interlude Wind
  7. 7. Sonnen Medley
  8. 8. Und Morgen Früh Küss Ich Dich Wach
  9. 9. Lieb Mich
  10. 10. Von Hier Bis Unendlich
  11. 11. Interlude Erde
  12. 12. Verdammt, Ich Lieb' Dich
  13. 13. 90s Medley
  14. 14. Mit Dem Wind
  15. 15. Unser Tag
  16. 16. Freiheit
  17. 17. Wir Brechen Das Schweigen
  18. 18. Interlude Wasser
  19. 19. Atemlos Durch Die Nacht
  20. 20. Sowieso
  21. 21. Ich Will Immer Wieder... Dieses Fieber Spür'n
  22. 22. Die Hölle Morgen Früh
  23. 23. Interlude Feuer
  24. 24. Herzbeben
  25. 25. Mit Keinem Ander'n
  26. 26. Nur Mit Dir
  27. 27. Achterbahn
  28. 28. Du Hast Mich Stark Gemacht
  29. 29. Wenn Du lachst
  30. 30. Wir Zwei
  31. 31. Das Volle Programm

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