laut.de-Kritik
Metalcore in seiner kümmerlichsten Form.
Review von Jan HassenpflugUm alle niederschmetternden Erfahrungen in ein einziges, großes Wort zu packen, tauften I Prevail ihr Zweitwerk auf den Namen "Trauma". Das Ziel, gebrochene Herzen mit fest geklopften Depri-Schablonen abzuholen, ist mehr als offensichtlich. Wenn es nur die biedere Berechnung statt der 13 Songs wäre, die seelische Narben hinterließe, würde die Bewältigung leichter fallen. Aber Pustekuchen.
Der schnelle Erfolg, der Sprung in die Charts sind alles, was dieses Album im Sinn hat. Metalcore in seiner kümmerlichsten Form und Nahrung für jedes böse Vorurteil. Wobei es an Hohn grenzt, hier von metallischen Klängen zu sprechen. Denn wenn "Trauma" eines mit Sicherheit nicht ist, dann heavy.
Und nein, als poppige Core-Variante wie sie etwa A Day To Remember pflegen, geht das auch nicht mehr durch. Vielmehr schreien von Autotune und Synthesizer überlagerte Passagen, wahlweise gerappt oder gesungen, nach verkrampftem Kommerz. Charttaugliche Rezepte werden halbgar in einen Topf geworfen. Was dabei rauskommt, ist ungenießbar.
"Bow Down" ist ein generischer Metalcore-Song mit Hochglanz produziertem Power-Refrain, den es schon so viele Male gab. Sicherheitshalber noch einen Breakdown reingebastelt und fertig, austauschbar wie Kaugummi. Es folgen Power-Balladen en masse. Damit es ja keine Überraschungen gibt, lassen diese sich schon anhand der Titel identifizieren: "Let Me Be Sad", "I Don't Belong Here" oder "Every Time You Leave" sind Herzschmerz pur. Letzterer Liebesbeweis macht glatt Daughtry oder Nickelback Konkurrenz, geht es um die Akkordfolgen.
Im Gegensatz dazu lassen sich die vermeintlich härteren Nummern mit "Gasoline" oder "Deadweight" nach dem gleichen Prinzip vorahnen. Die Idee, dem Mainstream-Gedudel über Shouts und Zeilen wie "Burn it all down" einen Kontrapunkt entgegenzusetzen, bleibt wirkungslos. Wenngleich sie keine Aggression verbreiten, bringen die Nummern wenigstens ein Fünkchen Dynamik in den müden Vortrag.
Was ansonsten aus den Lautsprechern dröhnt, haben Hollywood Undead zuletzt auch nicht schlechter hingekriegt. "I think I think too much", halten I Prevail in "Breaking Down" fest. Warum also weiter grübeln, was hier schief läuft. "Trauma" ist das richtige Stichwort.
6 Kommentare mit einer Antwort
Widerlich.
Auf youtube mal in Breaking Down reingehört, scheint ja ziemlich erfolgreich zu sein.
Das war vor zwanzig Jahren schon bedingt cool - jetzt ist das einfach nur aus der Zeit gefallen, anbiedernd und berechnend.
aua
du sagst es.
So. Durchschaubar.
Und dieses Video macht mich einfach fassungslos. Da gäbe es so viel zu sagen, lässt sich aber eigentlich auf eins kurz und schmerzlos runterbrechen: Wer dich mit so etwas identifizierst, ist nicht depressiv, sondern 13.
Klappe zu.
(Zu) Harte Kritik!
Zugegeben: Das Main-Stream Gedudel nimmt schon viel Platz ein, genauso ist mir auch die große Anzahl an weichgespülten Balladen sauer aufgestoßen und der Hollywood Undead Vergleich hat auch seine Berechtigung.
Aber gerade die tatsächlich härteren Nummern wie eben Gasoline knallen dann doch (und sind nebenbei auch ziemlich gut produziert!).
Insgesamt steckt allerdings definitiv zu wenig Metalcore in Trauma - wenn man eben ein Metalcorealbum erwartet. Wenn man es als Pop-Rock Album mit Metalcoreeinflüssen betrachtet ist es zwar immer noch nicht innovativ oder super gut, aber immerhin akzeptabel.
Name ist Programm, da nützt auch die hater review nichts