laut.de-Kritik
Der Sohn von U2-Sänger Bono macht jetzt auch Musik.
Review von Michelle-Marie AumannWenn die Sprösslinge von bekannten Künstler*innen ebenfalls Musik machen wollen, ist das so eine Sache. Wirklich aus dem Schatten der Eltern zu treten, ist meist nicht einfach - der Vergleich ein ständiger Begleiter. Diesen Schwierigkeiten steht nun auch Elijah Hewson gegenüber. Er ist der Sohn von U2-Star Bono und seit mehreren Jahren Frontmann der Band Inhaler. Mit dem Debütalbum "It Won't Always Be Like This" hat das mit dem Aus-Dem-Schatten-Treten aber schon einmal ganz gut geklappt: Inhaler stiegen damit auf Platz 1 der UK-Albumcharts ein.
Die Indie-Rock-Band hat mit dem titelgebenden Song einen schmissigen Opener für ihr Debütalbum ausgesucht. Der Song besticht mit verzerrter E-Gitarre, gut hörbarer Bassline und rotzigen Drums. Was die Dynamik angeht, bewegt sich der Song im lauteren Bereich. Dabei fällt der Pre-Chorus aber etwas aus der Reihe, da er vor allem durch den Spannungsbogen in den Vocals einen gelungenen Übergang von ruhigerer Strophe zu Ohrwurm-Refrain darstellt - Inhaler haben also zumindest im Musikunterricht aufgepasst. Das ist nicht so selbstverständlich, wie es sich anhört: Die vier Bandmitglieder haben sich zwar in der Schule kennengelernt, brachen sie mit 16 Jahren allerdings auch gemeinsam ab.
Vor allem im Pre-Chorus merkt man an den Lyrics, dass es einer der älteren Songs auf dem Album ist, den sie während ihrer Teenagerzeit geschrieben haben. Hier geht es, wie so oft auf dem Album, um das scheinbar einzige Problem dieser Lebensphase: Mädchen und wie gemein sie doch sein können. Dafür nutzen sie unter anderem sprachliche Bilder, die etwas plump klingen und ihr damaliges Alter durchblicken lassen: "Play me like a record, baby / Spin me around, turn me upside down". Aber gerade wegen der simplen Lyrics kann man gut mitsingen, weshalb der Song Potential zur Indie-Hymne hat.
Ähnlich verhält es sich mit "My Honest Face". Vom ersten Takt an gibt die Kombination aus Drums, Bass und Rhythmusgitarre ein schnelles Tempo vor, das maßgeblich zur energetischen Stimmung beiträgt. Gepaart mit Zeilen wie "Acting like I hated her last night / No, no, no, I didn't want to hurt you / But there's just a certain culture when you're young / C-call it fun" resultiert daraus ein Song, der diese fast schon nervöse Energie von Jugendlichen perfekt widerspiegelt. Kein Wunder: So wie der vorige Track auch, gehört "My Honest Face" zu den älteren Songs, die die Band im Teenageralter schrieb. Passend dazu fallen im Outro besonders die Zeilen auf, in denen die Wortanfänge ständig wiederholt werden: "I-I-I wanna be / Up-up-up on TV, yeah / K-k-killing fear".
Im Gegensatz dazu stehen die ruhigeren Tracks auf dem Album. "A Night On The Floor" klingt viel grooviger als die schnelleren Songs. Dieser Eindruck entsteht vor allem im Intro durch die langgezogenen, wabernden Noten auf der E-Gitarre. Kombiniert mit den ruhigeren Drums, kommt dabei eine neue Facette auf dem Album zum Vorschein. Allerdings kehrt der Einheits-Indie-Stempel im weiteren Verlauf wieder, sobald die Vocals von Hewson einsetzen. Zum einen passt seine Stimmfarbe einfach nicht so richtig zum groovigen Sound und zum anderen kommt die verzerrte E-Gitarre wieder mehr durch. Das Ergebnis davon ist ein Song, der vielsprechend anfängt, aber das Interesse daran nicht lange halten kann.
"My King Will Be Kind" zeigt erstmals einen Spannungsbogen, der sich über die komplette Songlänge erstreckt und für mehr Dynamik sorgt. Anstatt entweder nur laut oder nur leise zu sein, setzen in der ersten Hälfte nach und nach immer mehr Instrumentalstimmen ein - bis der Knoten dann nach zweieinhalb Minuten endlich platzt. Nachdem die Bridge noch relativ laut war, wird die Dynamik im Outro kurzzeitig zurückgenommen, um sich direkt am Ende noch mal aufzubauen. Die erste Hälfte ist im Vergleich dazu weniger abwechslungsreich. Da ist zwar ein Spannungsaufbau zu hören, aber den hätte man auch auf eine kürzere Zeitspanne komprimieren können, damit die erste Hälfte weniger langatmig wirkt.
"It Won't Always Be Like This" enthält ein paar gute Songs, und das Potential von Inhaler scheint stellenweise durch. Der Funke springt allerdings nicht wirklich über. Vielleicht hat der Chart-Erfolg in UK doch etwas mit dem bekannten Vater zu tun.
2 Kommentare
Gehe ich nicht so ganz mit d'accord. Dass der berühmte Vater seinen Anteil am Erfolg der Band hat - sicher, wird niemand abstreiten. Nichtsdestotrotz ist das ein catchy Indie Rock-Album, das in den 2000ern überall hoch- und runtergelaufen wäre und an dem man in meinen Augen nur mangelnde Innovation bemängeln kann. Denn das, was sie machen, ist gut und griffig.
So auf Nummer sicher zu gehen mit dieser seichten Musik und dem Namen, naja. Das hat eben einen gewissen Beigeschmack.