laut.de-Kritik
Funky, lässig, cool, relaxed.
Review von Johannes Jimeno"Never judge a book by its cover!" Der Leitspruch passt perfekt zum neuen Album der Jazzkantine. Wirft man einen Blick auf CD-Rücken und Booklet, springen einen förmlich zu groß geratene Kinder mit schwarz-weißen Adidas-Trainingsanzügen und Sonnenbrillen an, mit der metaphorischen Botschaft 'Auch mit Mitte 40 sind wir noch unfassbar fresh und cool'. Nun ja, ein wenig lächerlich kommt das vielleicht - doch der Inhalt glänzt in einem ganz anderen Licht.
Hier wird dem 70er- und 80er-Hip Hop gefrönt, mit zahlreichen Hommagen. Schaut man zunächst auf die Songtitel wecken diese allerlei Assoziationen mit bekannten Klassikern. Da werden zum Beispiel ungezwungen die Sugarhill Gang ("Baba's Delight"), Herbie Hancock ("Rockit"), Grandmaster Flash ("Super Rappin'" und "The Message"), N.W.A. ("Fuck Tha Jungle") oder auch Public Enemy ("Don't Believe The Hype") Jazzkantinen typisch neu interpretiert.
"Old'S'Cool" mit integriertem Wortspiel startet auf musikalischer Ebene extrem sauber und wie aus einem Guss mit den beiden Tracks "I Know You Got Soul" und "Funky Old Kantina". Sehr smooth und goovy geben sich beide Stücke. Tolle Saxofon- und Trompetensoli und für die damalige Zeit bekannten Scratches ergänzen den Ohrenschmaus hervorragend. Im Übrigen ist die "Funky Old Kantina" eine Hommage an den Klassiker "Funky Cold Medina" von Tone Loc.
Weitere Highlights sind zum einen "Pusher Girl" mit Gastsängerin Nora Becker, eine funky sexy Nummer, bei der die soulige Stimme Beckers schön in Szene gesetzt wird. Gegen Ende folgt ein Tempowechsel und begleitet von gedämpften Trompeten tröpfelt der Song geschmeidig aus.
Zum anderen wird im fast rein instrumentalen "Don't Believe The Hype" der allerorts bekannte Quietschsound von Flöten übernommen. Die Band spielt dazu lässig relaxed und mehrere treibende Freejazz-Saxofon-Soli bringen das Blut in Wallung. Das ist Big Band im großen Stile und hätte viel öfter auf dem Longplayer stattfinden können.
"Super Rappin'" überzeugt mit englischen Raps, mitreißendem Funk-Riff und einem herausragendem Sopransaxofon-Solo. Ein Hauch Jamiroquai weht durch die Jazzkantine. "Rockit" groovt mit Orgelklängen, kurzen Blasinstrument-Stakkato und spacigen Elektro-Spielereien. Kurz vor Schluss des Tracks spittet Captain Cappu die Zeilen "Two Buffalo gals go round the outside / round the outside / round the outside" von Malcolm McLaren. Zwar eine nette Reminiszenz, doch wirkt dieses Zitat eher sinnfrei und verloren im Kontext des Songs.
Und da wären wir bei den Schattenseiten der Scheibe - und wie so oft bei der Jazzkantine sind es die Rapeinlagen. Diese sind zu sehr auf cool getrimmt, Cappuccino rappt äußerst monoton mit tiefer Stimme und die aufgesetzte Lässigkeit ist zuweilen fast schon peinlich: "So wie in Uptown, Motown, Memphis, Chicago / ohne Soundtrack wär' Chef niemals Babo / Das ist wie Popcorn, wo jeder weiß / wird's nicht richtig heiß / haste nur Scheiß Mais ("I Know You Got Soul"). In "Funky Old Kantina" findet sich dieser Text: "Also Jungs kommt her ich zeig wie / es klappt mit eurem Wiener / willst du Bunga Bunga musst du nett sein / so wie die Funky Old Kantina". Oder im Abschlussstück "I Shot The Sheriff", wenn Cappu aus dem Off unnötigerweise "Peng Peng" im Refrain droppt.
Zum Glück bleiben solche Fauxpas eher die Ausnahme, und die Diskrepanz zwischen instrumentalem Genuss und lyrischem Ballast eher klein. Musikalisch ist festzuhalten, dass sich die Band zwar schön funky, lässig, cool und relaxed gibt, im Gesamtkontext hätte aber ein wenig mehr Pep und Mut zum Experiment gut getan.
3 Kommentare mit 4 Antworten
...daß auch Eminem die "Buffalo Gals"-Zeile zitiert hat, wird ja wohl kaum ein Zufall sein...
Lässig cool relaxed, dass beschreibt es am besten. Gou
mukke für den lautuser
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waren die nicht schon immer scheisse?
WB Craze, geurlaubt?
Klabiro.
+1
@Para: ja, schon immer.