laut.de-Kritik
"No Air" zwischen dumpfen Bässen und flächigen Sounds.
Review von Dani FrommCasting-Verächter können sagen, was sie wollen, eins muss man dem florierenden Talentshow-Zirkus lassen: Gemessen an der unübersichtlichen Menge an Grütze, die sich zu Beginn jeder neuen Staffel ins Rennen stürzt, leisten Juroren und Publikum bei der Auswahl meist einen ordentlichen Job.
Es sind in der Regel nicht die uninteressantesten Stimmen, die am Ende triumphieren. Was anschließend mit dem naturgemäß unausgereiften, formbaren Nachwuchs angestellt wird, steht auf einem anderen Blatt.
Jordin Sparks ging aus der sechsten Staffel des DSDS-Vorbilds "American Idol" als jüngste Siegerin seit Bestehen des Formats hervor. Kein Zweifel: Dieses Mädchen verfügt über eine klare Stimme, mit der sie die Kluft zwischen fröhlichem Zwitschern und gefühlvollem Dunkel mühelos überspannt. Auch ohne Schnörkel beeindruckt die Kraft, mit der sich die 17-Jährige gegen erdrückend überfrachtete Produktionen behauptet.
Dass stellenweise ein wenig zu deutlich erfolgreiche Vorbilder vom Schlag einer (ohnehin gnadenlos überschätzten) Rihanna abgekupfert werden, schmälert allerdings den Wiedererkennungswert. Zu gewollt wirkt das Kippen der Stimme an den Zeilenenden in "Tattoo", um Welten zu aufdringlich die Backgroundgesänge, die nahezu jeder Nummer ein übertrieben theatralisches Finale bescheren.
Mit der musikalischen Untermalung ihres Gesangs hat sich Jordin Sparks keinen Gefallen getan. Leicht angerockter Pop mit einem großzügigen Schuss R'n'B taugt zwar prima zur Befriedigung eines Mainstreampublikums, dem auch die radiotauglich eingängigen Refrains problemlos untergeschoben werden dürften. Die Spannung bewegt sich jedoch in ausgesprochen übersichtlichem Rahmen, so lange kein einziger Track auch nur annähernd aus demselben fällt.
Am interessantesten gestaltet sich da noch "One Step At A Time", wenn Schritte auf dem Asphalt in einen Beat morphen, der stampft, ohne übermäßig dominant zu geraten. Garniert mit klimpernden Saiten: hübsch gemacht, würde nicht gegen Ende das große Gejodle aufgefahren, das mir schon in der Eröffnungsnummer sauer aufstieß. Diese Störung hat System: Sie zieht sich durch das komplette Album. Schade.
Ebenso schade, dass Jordin Sparks ständig gezwungen wird, gegen wahre Wände anzuplärren. Buchstäblich "No Air" bleibt ihr und Partner Chris Brown zwischen dumpfen Bässen und flächigen Sounds, zu denen schließlich auch noch Streicher und ein Piano gequetscht werden, im passend betitelten Duett. Dabei leiden die beiden bestens harmonisierenden Interpreten keineswegs an Atemnot.
Hektische Synthiemelodien, flirrende Töne und Claps machen "Shy Boy" zu einer überaus anstrengenden Angelegenheit. Für eine Schmusenummer zu stressig, für den Dancefloor zu lahm: Hier geht der angestrebte Spagat fehl. "Now You Tell Me" lässt sich wie eine klassische Pianoballade an, in der die junge Sängerin wohl auch prächtig aufgehoben wäre, verliert sich aber gleichfalls in erdrückendem Firlefanz.
Raum, ihr Stimmtalent auszuspielen, erhält Jordin Sparks viel zu selten. In übersichtlicher, weniger üppig instrumentiertem Umfeld käme ihr Gesang um Welten besser zur Geltung. Solches lassen Nummern wie StarGates klarer strukturiertes "Freeze", das Kuschelrock-verdächtige "God Loves Ugly" oder diverse Song-Anfänge, ehe sie von den Refrains über den Haufen gefahren werden, ahnen.
Den "American Idol"-Siegertitel "This Is My Now", der als Nachschlag serviert wird, hätte man letzten Endes besser in der Schublade gelassen, er illustriert das vorliegende Problem aber noch einmal recht gut: Von E-Gitarren bis zu auftrumpfenden Drums wird kein Powerballaden-Klischee ausgelassen. Dazwischen verliert sich eine Stimme, die zudem schon rein tempomäßig völlig ausgebremst wirkt, in quälendem Einheitsbrei. Gebt dieser Frau doch bitte Luft zum Durchschnaufen!
9 Kommentare
ich kannte sie ja schon lange vor "no air" *klugscheiss*
aber dich kennt keiner
Ist Frau Fromm eigentlich für jede Castingplatte verantwortlich oder kommt das nur so vor?
(ohnehin gnadenlos überschätzten) Rihanna
Wenn Artur Fady macht, schätze ich mal so in etwa auf 4/5
Sehr treffende Kritik. Das gleiche Problem ist bei David Archuleta's (American Idol Runner-up aus 2008) erstem Album auch wiederzufinden. Dass Jordin und David beide bei Jive Records im Künstlerpool wiederzufinden sind lässt sich aufgrund dessen fast erahnen. Jive Records neigt leider dazu, die Songs ihrer aus American Idol abgegriffenen Zöglinge zu overproducen. Dabei sind gerade bei Jordin und David die Stimmen so schön und einzigartig, dass man ihnen einfach nur Raum zum Entfalten und Füllen geben müsste, und die Sache wäre geritzt. Stattdessen wird alles mit noch einem Beat, Clap, Instrument aus der Synthie-Datenbank zugeschüttet, bis man sich fast schon körperlich anstrengen muss, um Stimmtextur und -nuancen rauszuhören.
Gott sei Dank haben beide so gute Stimmen und Interpretationsgabe, dass es über die nicht ganz so starken Songs und die überfrachtete Produktion schnell hinwegtrösten kann. Ich denke mal das Problem liegt darin, dass man einfach immer zu schnell produzieren muss, um noch auf der Welle des American Idol-Erfolges reiten zu können, bevor die nächste Staffel losgeht. Naja, immer alles noch eine Million mal besser als die DSDS-Schnulzen aus der Bohlenschen Songfabrik.
Jordin hat ja gerade ihr zweites Album veröffentlicht. Habe es noch nicht geschafft, es mir anzuhören. Die erste Single "Battlefield" finde ich jetzt ehrlich gesagt noch nicht so prall. Aber mal schauen, bin gespannt!
es ist wieder genau das gleiche drama.
kein raum für den gesang, der hintergrund mit synthieverkleisterten instrumenten zugestopft, so dass das arme mädel dagegen anplärren muss.