laut.de-Kritik
Wenn ein Klatschen zum aufreizenden Detail wird.
Review von Sven KabelitzWas sagt eine Schnecke, die auf einer Schildkröte reitet? Huiiiii. Justin Nozuka dürfte gar das Tempo der beiden zu schnell sein.
Für "Ulysees" verabschiedet sich der Sänger und Songwriter über weite Strecken von allem, das den Vorgänger "You I Wind Land And Sea" ausmachte. Leicht verdauliche Melodien, Schlagzeug, Bombast, eingängige Songstrukturen gehören der Vergangenheit an, einzig Gitarre und variable Stimme bleiben zurück. Nozuka feiert die Entdeckung der Langsamkeit.
In den ersten Minuten des fragilen Longplayers passiert so gut wie gar nichts. Chorgesang, der mehr einem Flüstern gleicht, erfüllt "Nest", bis Nozuka im A capella-Track "Dreaming" einsetzt. Erst mit den "Eyes Changing Colour" gewinnt "Ulysees" an Dynamik. Eine tiefe Bassdrum unterstützt die wie Wasserreflektionen auf einem kalten Gebirgsbach glitzernden und flackernden Melodien.
Nozuka verläuft sich im Labyrinth elysischer Klanglandschaften. Einzig sein zurückhaltendes und überlegt eingesetztes Gitarrenspiel sowie vereinzelte wirkungsvolle Effekte und Percussions helfen ihm. In dieser auf null Bewegung ausgelegten Welt, gerät ein einmaliges Klatschen zu Beginn von "Hera" zu einem aufreizenden Detail. Das zartgliedrige "Sweet Lover" wirkt dank des verfremdeten Schlagzeugs regelrecht aufbrausend.
Um dem schillernden Zauber von "Ulysees" zu erliegen, muss man schon Zeit und Geduld mitbringen. Die minimalistische Produktion und seine würdevolle Saumseligkeit machen es zu einem schwer zugänglichen Stück, das letztendlich nur im Ganzen gehört Sinn ergibt - dann aber zu einem 34 Minuten langem warmherzigen Wiegenlied heranwächst.
1 Kommentar
Schade... Mochte "Holly" und "You I Wind Land And Sea" richtig gerne...