laut.de-Kritik

Wie auf einem Van Halen-Konzert 1984. Nur ohne Leopardenleggings.

Review von

Vinco Kavinsky hat in Sachen französische Exportschlager wahrscheinlich schon den Champagner hinter sich gelassen. Sein langersehntes Debütalbum "Outrun" grüßt in der Heimat bereits von Platz eins der Albumcharts und auch hierzulande weiß man seit dem Überhit "Nightcall" vom international gefeierten Film-Soundtrack "Drive" Bescheid. Der Fame im Underground für die ersten Singles auf Busy Ps Ed Banger-Label scheint Ewigkeiten her.

Die Erwartungen ans Debütalbum waren dementsprechend hoch, doch der "Deadcruiser" erfüllt sie ganz locker. Die sagenumwobene Comicfigur, der Untote des Rave, immer unterwegs und getrieben in seinem Ferrari Testarossa. Cooler Style, den sich Kavinsky da für sein Image zusammengebastelt hat. 80er Reminiszenzen galore, von Tom Cruise und seinen lockeren Geschäften bis zum American Werewolf kommt alles rein in den Parisian Fleischwolf.

Nicht zu vergessen der fette, sehnsüchtige 80er Jahre-Yamaha-Sound, der so ziemlich jede Membran erzittern lässt. "Blizzard", eine Ode an die Freude mit saftig gniedel-fiedelnden Gitarren und verträumtem Leadsound markiert die Schnittstelle zwischen Rave und Programm-Musik.

Kavinskys Sound ist universell einsetzbar, sie ist mehr als 'nur' Clubmusik. Man glaubt, die Tracks bereits zu kennen, obwohl sie doch frisch sind. Da kann einem schon mal blümerant zumute werden. Die Testarossa-Heckschleuder ist eben nichts für Fahranfänger. Auch "Protovision" und "First Blood" sind wahre Perlen ihres eigenen, speziellen Genres. Aufheulende Gitarren wie bei Yngwie Malmsteen, krachende Drums, man wähnt sich auf einem Van Halen-Konzert anno 1984. Nur ohne Leopardenleggings.

Die Vocoder-Vocals auf "First Blood" erinnern an eine coolere, besser produzierte Tina Turner. Es wurde ja des öfteren geunkt, die Daft Punker hätten im Hintergrund ihre Hände an den Reglern gehabt. Kavinsky selbst lässt Details zur Entstehung seiner Werke bewusst im Dunkeln und trägt so zur weiteren Mystifizierung des Kults um seine eigene Person bei.

"Grand Canyon" geht wieder etwas mehr in Richtung Italo Disco und schafft es tatsächlich, authentisch und zugleich neu zu klingen. Fernab von zu viel Pomp oder Kitsch. Hart und kühl provoziert der Justice-Kumpel eine Vereinigung von Headbangern und Disco Dancern.

"Testarossa Autodrive" bleibt der Hauptkracher des Albums. Johann Sebastian Rave. Ein polyphoner Gassenhauer, der trotzdem nicht überladen oder zu noisy gerät. Was das Mastering betrifft, ging man offenkundig etwas rougher und dreckiger zur Sache, um den speziellen Klang der Granularsynthese zu erhalten. Selbst mit dem Elektronenrastermikroskop ist hier keine Schwachstelle auszumachen. Zur perfekten Synästhesie fehlt nur noch der eigens produzierte, limitierte Kavinsky-Flipperautomat, der leider etwas teurer ausfällt als das Album.

Trackliste

  1. 1. Prelude
  2. 2. Blizzard
  3. 3. Protovision
  4. 4. Odd Look
  5. 5. Rampage
  6. 6. Suburbia
  7. 7. Testarossa Autodrive
  8. 8. Nightcall
  9. 9. Deadcruiser
  10. 10. Grand Canyon
  11. 11. First Blood
  12. 12. Roadgame
  13. 13. Endless

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