laut.de-Kritik
Für einen guten Zweck - aber nicht gut für die Ohren.
Review von Gordon BuschleBei "Keane Curate A Night For War Child" handelt es sich um ein Benefizkonzert zugunsten der Kinderhilfsorganisation War Child, aufgezeichnet am 1. November 2007 in der Brixton Academy. Mitgestalter des Programms sind Stars wie Teddy Thompson, Findlay Brown, Brendan Benson, The Magic Numbers, die Guillemots, Lily Allen und die Pet Shop Boys. Klingt langweilig – ist auch so.
Sichtlich berührt von den Ereignissen, die sich in der Vergangenheit unter anderem im Irak und der Welt zugetragen haben, sensibilisiert Keane-Sänger Tom Chaplin vorab schon mal das Publikum mit seiner Eröffnungsrede. Und weil's derzeit so cool ist, darf natürlich George Bush, Bösewicht und alleiniger Urheber dieser Ereignisse, nicht ungeschoren bleiben.
Den Eröffnungssong singt Teddy Thompson mit seiner Band. "Strangers" ist eine Mischung aus Country und Blues, begleitet von einem Streichquartett. Falsche Töne gibt’s gratis dazu. Das Publikum muss einschlafen. Entsprechend ist auch der Applaus nach dem ersten Song. Doch das Geigengefriemel geht weiter. Thompson setzt erneut mit seiner Gitarre ein. Wieder ein Sound von gestern. Wieder ein Möchtegern-Johnny-Cash.
Findlay Brown macht es auch nicht besser. Sein Sound könnte aus einem "Eis am Stil"-Film geklaut sein. Hängengeblieben in den 60ern. Auch bei ihm verfehlen zahlreiche Töne planlos ihr Ziel. Das Publikum reagiert verhalten. Das kann man ihm auch nicht übel nehmen. Denn der Funke kann nur dann überspringen, wenn er auch auf der Bühne glüht. Bis jetzt herrscht dort allerdings noch trübe Finsternis.
Endlich betritt Keane die Bühne. Jetzt kann es nur noch besser werden. Jedoch spielen sie nur als Begleitband für einen den amerikanischen Folksänger und Raconteurs-Mitglied Brendan Benson. Das hätte sich das Publikum sicherlich anders vorgestellt – und ich mir ehrlich gesagt auch. Denn wo Keane draufsteht sollte auch Keane drin sein. Das hier sieht allerdings eher nach einem Promotionkonzert für Künstler aus, die sonst keiner hören will oder keiner "mehr" hören will – wie zum Beispiel die Pet Shop Boys, die dem Publikum ebenfalls nicht erspart bleiben.
Lily Allen bringt mit ihrem Hit "Smile" schließlich etwas frischen Wind in die Aufführung. Der Funke fängt verhalten an zu glimmen, droht aber wieder im Keime zu ersticken, als sie "Everybody’s Changing" von und mit Keane in einer Akustikversion singt. Das liegt aber nicht nur an Lily Allen, sondern zu gleichen Teilen auch an Keane selbst. Alleine Tom Chaplin versaut es bereits mit seiner reggaehaften Gitarrenbegleitung, die er so unregelmäßig schlägt, dass sich bei seinem Gitarrenlehrer, sollte er jemals einen gehabt haben, die Schnürsenkel lockern müssten.
Nach diesem Song ist jedoch zum Glück Schluss mit dem Herumgeeiere. Ab jetzt gehört die Bühne Keane alleine. Das Publikum rastet aus, als ob sich die ganze angestaute Stimmung jetzt auf einmal entlädt. Es ist froh darüber, dass es doch noch bekommt, wofür es bezahlt hat. Aber nach vier Songs ist Abpfiff. Mitunter verursacht durch die Interpretation von Queens "Under Pressure". Wäre es wenigstens eine "Keane-Version" gewesen, hätte dieses Stück durchaus eine Bereicherung für den Abend werden können. Dies war jedoch allerhöchstens ein (schlechter) Freddy-Mercury-Verschnitt. Rote Karte für Keane, den Mann am Mischpult und alle anderen, die sonst noch mitgemacht haben.
Klar kann jeder einmal das Publikum mit einem Konzert enttäuschen. Allerdings sollte man es dann nicht unbedingt auf Video aufzeichnen und schon gar nicht in ganz Europa veröffentlichen. Denn nach der nahezu grandiosen Konzert-DVD im O2 Dome von letztem Jahr hätte ich etwas ähnlich Mitreißendes erwartet.
Dennoch ist der Einsatz von Keane für War Child allemal lobenswert. Und wer für diese Organisation spenden möchte, kann das entweder durch den Kauf dieser DVD tun oder aber gleich direkt spenden.
2 Kommentare
seit wann will denn keiner mehr die pet shop boys hören?
Seitdem der Autor von sich auf andere schließt. ^^